Der ist so süß, der Typ aus dem Baumarkt! Inzwischen kenne ich ihn schon sehr gut, denn seit ein paar Monaten bin ich jede Woche regelmäßig mindestens einmal dort. Ich habe vor etwa einem halben Jahr von meiner Oma ein kleines Häuschen geerbt, ein richtiges tolles Hexenhaus, das wirklich mehr als renovierungsbedürftig ist. Meine Oma ist 87 geworden – und am Schluss konnte sie natürlich nicht mehr viel machen. Ich habe ihr zwar ab und zu im Haushalt geholfen, aber am Haus selbst wollte sie nichts gemacht haben. Sie meinte immer, das würde alles noch solange stehen bleiben, wie sie lebt – und ich könne ja dann alles renovieren, wenn sie mal tot sei und ich die Eigentümerin.
Es stand für sie immer fest, dass ich ihr Haus bekomme. Mit ihrer Tochter, meiner Mutter, hat meine Oma sich nie gut verstanden. Die beiden haben lange fast gar nicht miteinander gesprochen, und deshalb hat meine Mutter zwar den Pflichtteil bekommen, als meine Großmutter gestorben ist, aber alles andere ging an mich. Auch das Haus. Zuerst habe ich einmal ihre persönlichen Sachen und ihre Möbel und anderen Besitztümer weggegeben, soweit ich sie nicht behalten wollte. Den Rest habe ich eingelagert, und dann habe ich mir das Haus in seinem desolaten Zustand genau angesehen. Einen Teil der Arbeiten musste ich von einer Firma machen lassen, das konnte ich einfach nicht – ein neues Dach, die Leitungen und Rohre neu verlegen und so etwas. Aber kaum waren die Handwerker aus dem Haus, musste ich selbst ran, wenn ich nicht das gesamte Barvermögen aus der Erbschaft für die Renovierung des Hauses draufgehen lassen wollte. Neue Tapeten, zum Teil neue Fußböden, die Fenster streichen und solche Dinge, das wollte ich selbst übernehmen. Nicht dass ich jetzt unbedingt handwerklich so sonderlich geschickt wäre – das Meiste der Kenntnisse, die man für so eine Renovierung braucht, musste ich mir erst aneignen. Aber schon aus finanziellen Gründen blieb mir gar nichts anderes übrig. Leider war ich zu diesem Zeitpunkt auch gerade Single und hatte keinen Partner, der mir zur Hand gehen konnte. Nun, zum Glück gibt es ja das Internet, wo ich mich informieren konnte – und dann gab es noch die freundliche Beratung im Baumarkt.
Der hübsche Junge, mit dem ich es da meistens zu tun hatte – anfangs war das mehr oder weniger Zufall, aber später habe ich immer extra ihn aufgesucht, weil er so hilfsbereit war, sehr viel Ahnung hatte und außerdem auch so ein wahnsinnig knackiger, süßer Typ -, beriet mich immer exzellent. Er hat mir sehr viele gute Tipps gegeben und mich auch immer bei der Auswahl der nötigen Materialien unterstützt. Als ich ihn das erste Mal traf, hatte er gerade das Abitur hinter sich und machte im Baumarkt ein Praktikum, wie er mir erzählte. Wenige Wochen später allerdings war er dort schon fest angestellt, denn er hatte sich wirklich gut gemacht während seines Praktikums. Die Kunden waren mit ihm ebenso zufrieden wie seine Vorgesetzten und Kollegen. Und bestimmt haben auch immer sämtliche weiblichen Kunden, von denen es allerdings im Baumarkt ja nun nicht allzu viele gibt, versucht mit ihm zu flirten. Einmal habe ich das auch beobachten können, wie eine sexy junge Blondine in seinem Alter, also gerade mal volljährig geworden, 18 oder 19, versuchte ihn anzubaggern. Er reagierte darauf höflich, aber neutral.
Je näher sie ihm kam, desto weiter nach hinten ging er, um ihr auszuweichen, und alle ihre Verführungskünste konnten ihn nicht einmal zu einem flirtenden Lächeln bewegen. Amüsiert betrachtete ich mir das. Dann entdeckte er mich. Seine Augen begannen zu strahlen, und er wirkte wie ein eifriger junger Hund, der in einer Menschenmenge sein Frauchen entdeckt. „Ich komme gleich, Frau Martens„, rief er und strebte eindeutig zu mir hin. Die junge Blondine sah ein, dass sie verloren hatte. Sie warf mir einen bösen Blick zu – und wunderte sich ersichtlich, was dieser junge Mann nun ausgerechnet an mir fand. Ihre Verwunderung war verständlich. Ich bin eine Frau im besten Alter – mit anderen Worten eine Frau über 40, eine reife Frau. Zwischen dem jungen Mann – Markus heißt er übrigens – und mir liegen mehr als 20 Jahre. Er könnte mein Sohn sein. Aber reife Frauen sind für gutes Aussehen und männlichen Charme nun auch nicht unempfänglich, und was kann ich dafür, dass mein Herz jedes Mal schneller klopfte, wenn ich Markus sah, und dass ich so ein ganz komisches warmes Gefühl im Magen hatte? Reife Frauen und junge Boys – so ungewöhnlich ist diese Kombination heutzutage gar nicht mehr. Wobei ich lange Zeit gar nicht daran dachte, die Bekanntschaft zu Markus zu vertiefen, sondern es einfach nur genoss, ihn ab und zu zu treffen.
Mit der Zeit musste ich aber immer öfter an Markus denken, auch wenn ich nicht im Baumarkt war. Sein großer, schlanker, fast schlaksiger Körper, seine kurzen, hellbraunen, lockigen Haare, seine blauen Augen, die mich immer so warm und Willkommen heißend ansahen – langsam sackten diese ganzen Eindrücke nach unten, immer tiefer in mein Herz hinein. Irgendwann – zu diesem Zeitpunkt war ich mit der Renovierung schon sehr weit vorangeschritten und hatte mich nur an ein paar Arbeiten noch nicht herangewagt, die man am besten zu zweit erledigt, wie neu tapezieren und neue Sanitäranlagen installieren – kam es soweit, dass ich beim Einschlafen abends als letztes an Markus denken musste – und beim Aufwachen morgens als erstes. Nicht dass er mir tagsüber nun für länger als wenige Augenblicke aus dem Kopf gegangen wäre! Da wusste ich, ich muss etwas unternehmen. Es reichte mir nicht mehr, dass er einfach so ein netter junger Angestellter im Baumarkt war, ich wollte ihn ganz haben. Ich wollte ihn in meinem Bett haben, um es einmal ganz direkt auszusprechen.