Lydia kuschelte auf dem Beifahrersitz des schweren Mercedes. Still war sie, weil der Mann am Steuer gesagt hatte, dass er sich beim Fahren wegen der Konzentration nicht gern unterhält.
Mit gemischten Gefühlen sah sie dem Ziel der Fahrt entgegen. Einerseits freute sie sich wahnsinnig auf drei Wochen Urlaub in Luxus mit diesem Gentleman. Andererseits beschlich sie ein merkwürdiges Gefühl. Es ist schon komisch, wenn man mit einem fremden Mann auf Reisen geht und weiß, dass man vor allem mitgenommen wird, um mit ihm ins Bett zu gehen, um seinen Urlaub sexuell zu versüßen.
Ihre Gedanken wanderten ein paar Monate zurück. Wie hatte sich ihr Leben in dieser Zeit verändert. Drei Jahre hatte sie Moskau ein äußerst bescheidenes Leben geführt. Vater und Mutter arbeitslos, Abbruch des Studiums, weil es finanziell nicht durchzuhalten war, hier und da mal einen Gelegenheitsjob.
Dann kam da in der Disko dieser Hamburger auf sie zu und überhäufte sie während des ganzen Abends mit Komplimenten. Schon nach dem dritten Tanz setzten sie sich zusammen an die Bar. Die Unterhaltung war problemlos. Immerhin hatte sie vier Semester Germanistik hinter sich. Weil sie ein wenig von ihrem Leben erzählte, begann der Mann plötzlich mit Deutschland zu locken. Ganz offen redete er davon, dass schöne Russinnen in Deutschland sehr begehrt sind. Lydia verstand den Mann genau. Sie ließ sich auch von ihm nach Hause fahren und lag drei Tage später in seinem Hotel mit ihm im Bett.
Als sie ihm vor seiner Heimreise am Flughafen nachwinkte, glaubte sie nie, dass er es wahr machen konnte, für sie ein Besuchervisum zu ergattern. Dann wurde sie eines Tages zur Botschaft bestellt und bekam die Reisepapiere tatsächlich für einen Zeitraum von drei Monaten.