Endlich war es warm genug für unsere erste Strandparty. Seit wir Teenager waren, war das eine richtige Tradition bei uns – den ersten richtig warmen Tag verbrachten wir jedes Jahr am Strand mit einer Party. Wozu wohnt man denn schließlich ganz in der Nähe der Ostsee … Das kann man ja auch ausnutzen. In diesem Jahr war die Stimmung etwas anders als sonst. Für die meisten von uns würde es das letzte Jahr in unserer Heimat sein, die uns so oft zu eng und zu klein erschienen war, aber nun, wo wir kurz davor standen, sie zu verlassen, auf einmal doch vertraut und heimelig war. Wir waren alle 18, zum Teil auch bereits 19 Jahre alt und hatten gerade unser Abitur gemacht. Nach der Abschaffung der Wehrpflicht mussten wir immerhin nicht mehr zum Bund einrücken, aber direkt in unserem Dorf hatte sich für keinen von uns eine Zukunft gefunden; klar – Industrie gab es keine, und Ausbildungsplätze auch nicht. Ein Teil wollte in der nahe gelegenen Großstadt eine Ausbildung anfangen, die anderen wollten studieren. Klar war auf jeden Fall, nach diesem Sommer würden wir uns in alle Winde zerstreuen. Wer weiß, ob wir uns jemals noch einmal wiedersehen würden; zumindest in dieser Konstellation, wie wir uns zu dieser letzten Strandparty trafen, würde es wahrscheinlich nie wieder der Fall sein. Keiner von uns wusste, was im nächsten Sommer werden würde. Kein Wunder also, dass unsere Stimmung nicht nur die überschäumendste Feierlaune war, sondern wir auch ein bisschen melancholisch gestimmt waren.
Die Organisation der Party klappte wie immer wie am Schnürchen. Harald hatte wie üblich das Bier und die anderen Getränke besorgt – größtenteil alkoholfreie Getränke wie Cola und Limo und so etwas. Seit wir als volljährige Teenager nun endlich Alkohol trinken durften, reizte er uns gar nicht mehr so sehr wie vorher, als er verboten gewesen war; in früheren Jahren hatten wir schon die harten Sachen beschafft gehabt und auch gründlich ausprobiert, aber der Kater, der sich nach zu viel Alkohol einstellt, ist schon ganz heilsam – der lehrt es einen, dass Alkohol auch seine Schattenseiten hat. Inzwischen reicht es uns eigentlich allen, wenn wir ein paar Bier tranken. Was das Essen anging, dafür war Martin zuständig. Der hatte nämlich eine ältere Schwester, die gerade eine Lehre zur Köchin in einem Restaurant zwischen diesem Dorf und dem nächsten machte. Er meinte, das sei für sie eine ganz gute Übung, uns ein kleines Picknick vorzubereiten. Was sie auch bereitwillig tat, wie er berichtete. Allerdings stellte sie dabei eine Bedingung; von der wir jedoch erst erfuhren, als wir uns bereits am Strand versammelt hatten und uns über das kalte Büfett hermachten, dass sie uns bereitet hatte. Wir saßen in unserer üblichen Bucht auf unseren Decken und Luftmatratzen und hatten Essen und Trinken um uns herum ausgebreitet. Da es so warm nun auch noch nicht war, dass es die Touristen zum Sonnenbaden angelockt hätte, waren wir am Strand weitgehend alleine, und das war uns auch ganz recht so. Umso mehr fiel es daher auf, als wir auf einmal in der Entfernung nicht nur einzelne Leute, sondern gleich eine ganze Gruppe anrücken sahen. Es waren alles Girls aus dem Dorf, mehr oder weniger spärlich bekleidet und mit Decken und Stühlen bewaffnet. Martin wurde schrecklich verlegen, als wir das kommentierten, und rückte dann endlich damit heraus, welchen Hintergrund das hatte. Seine Schwester hatte es nämlich zur Bedingung gemacht, an der Strandparty zusammen mit ihren Freundinnen teilnehmen zu können, und nur deshalb hatte sie uns das Picknick vorbereitet.