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05. November 2008

Hausfrauenfreud und -leid – Teil 2/2

Nachdem wir beide uns so gut verstanden, der reife Herr und ich, die reife Hausfrau, und nachdem er auf genau dieses Treffen des Literaturkreises gehen wollte, das auch ich ins Auge gefasst hatte, stand es bald fest – wir gehen dort gemeinsam hin. Genau das taten wir dann auch. Melina würde eben umsonst im Café vorbeischauen und mich nicht antreffen; aber das würde sie mir bestimmt nicht übel nehmen. Vor allem nicht, wenn sie erfuhr, was mich dann letztlich doch davon überzeugt hatte, dass ich den Abend im Literaturkreis verbringe – nämlich der nette reife Herr, den ich zufällig im Café getroffen hatte.

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Der Abend war allerdings nicht halb so anregend wie unser Gespräch vorher in dem Café. Vorne stand eine Art Oberlehrer, wenigstens benahm er sich so, der den erstaunlich zahlreich Erschienenen, die sich alle für Bücher und Lesen interessierten, genau erklärte, welche Bücher sie zu lesen hatten und warum. Die Interpretation wurde gleich mitgeliefert. Es gab zwar durchaus auch einige Diskussionen; manche der Teilnehmer kannten das eine oder andere Buch schon, das er uns als eine Art Leseliste vorgeschlagen hatte, und widersprachen seiner Auslegung zum Teil vehement. Selbst ich konnte bei einigen der Bücher mitreden. Als reife Hausfrau, wo Mann und Kinder aus dem Haus sind, hat man nun einmal viel Zeit zum Lesen. Ich bin ein richtiger Bücherwurm und verschlinge alles an Büchern, was ich in die Finger bekomme. Von daher war es eigentlich kein Wunder, dass ich einiges der vorgeschlagenen Literatur bereits kannte. Und auch ich war mit der Interpretation, die der Herr Oberlehrer vorne uns lieferte, nicht immer einverstanden. Er ließ die Diskussionen auch zu, war jedoch von seiner Meinung nicht abzubringen. Am Ende gab er dann noch ein Buch herum, das ein Freund von ihm geschrieben hatte. Es war ein Buch mit Gedichten. Keiner von uns kannte es, aber jeder sollte ein Gedicht auswählen und es vor den anderen zum Besten geben. Das kam mir alles so sehr nach Schule vor, dass ich beschloss, ich war an diesem Abend das erste und gleichzeitig das letzte Mal in diesem Literaturkreis gewesen. Auch bei den anderen, die da waren, kam schon während der zwei Stunden, die das Treffen dauerte, einiges an Murren und Maulen auf.

Der nette reife Herr, mit dem ich zusammen gekommen war, hatte sich neben mich gesetzt. Er sagte nicht viel, aber als er sein Gedicht vorlesen sollte, stellte ich fest, er hatte eine wunderbar angenehme Stimme. Und er las das Liebes-Gedicht, das er sich ausgesucht hatte, auch mit einer solchen Begeisterung vor, dass ich mich in diesem Augenblick fast ein wenig in ihn verliebte. Ich nahm mir fest vor, ihn nach dem Treffen zu fragen, ob er nicht Lust hatte, mit mir noch etwas trinken zu gehen. Am besten gleich in meiner Wohnung … Er nahm die Einladung an, und zwar, wie es schien, sogar sehr gerne. Trotzdem war es erst einmal reichlich peinlich, als wir dann später allein in meinem Wohnzimmer saßen, bei einem Glas Wein. Das Gespräch kam erst dann wieder in Gang, als ich mich über die oberlehrerhaften Manieren des Leiters des Literaturkreises beschwerte. Da stimmte er dann herzhaft in meine Kritik mit ein. Allerdings war das ja nicht unbedingt das, was ich erwartet hatte, dass wir uns nun über den Literaturkreis unterhielten, auch wenn der sich als Thema ja anbot. Mir wäre es lieber gewesen, wir hätten über uns geredet. So nahm ich mir dann irgendwann ein Herz und lobte ihn für seine engagierte, mitreißende Art, in der er das Gedicht vorgetragen hatte. „Ja, Liebe, das ist es doch, wonach wir uns alle sehnen, nicht wahr?„, bemerkte er als Antwort ziemlich melancholisch. Mein Herz klopfte. Ich hatte mir vorher keine Gedanken darüber gemacht, ob er nun wie ich Single und solo war oder eine Frau hatte. Aber wenn er so sehnsüchtig über Liebe sprach, dann konnte das ja nur bedeuten, es gab eben keine Frau in seinem Leben. Man muss ja nun auch nicht unbedingt glauben, dass reife Frauen und reife Männer immer verheiratet sind. Man sieht es schließlich an mir, dass reife Hausfrauen sehr wohl auch allein leben können, ohne Mann, und sich aber nach einem Mann ebenso sehnen wie mein Begleiter, von dem ich mittlerweile wusste, dass er Horst heißt, sich nach der Liebe. Seine sehnsuchtsvolle Stimme gab mir noch einmal den Mut, aktiv zu werden und das Gespräch in die Richtung zu lenken, in der ich es haben wollte.

Manchmal glaubt man schon nicht mehr an die Liebe„, begann ich zögernd, „aber oft ist sie gerade dann in greifbarer Nähe.“ Ob er meine Andeutung verstanden hatte? Eigentlich war es ja klar, worauf ich damit anspielte; auf unsere Begegnung im Café nämlich. Dass ich solo war, das wusste er ja nun; denn es gab sichtlich keinen Mann in der Wohnung. Und dass reife Hausfrauen – dass ich nichts anderes bin als eine Hausfrau, dass ich keinen Beruf habe, hatte ich ihm mittlerweile gebeichtet, und er fand das gar nicht schlimm – sich ebenso nach Liebe sehnen wie er, das sollte auch auf der Hand liegen. Er sah mich lange an. Mir wurde ganz unbehaglich unter seinem Blick. Dann rückte er auf dem Sofa, auf dem wir beide saßen, noch ein Stückchen näher an mich heran und nahm meine Hände in seine. „Spielen Sie damit auf uns beide an, meine liebe, neu gewonnene Freundin?“ Es war angenehm, die Wärme seiner Hände zu spüren. Auch wenn ich mir die noch viel lieber an ganz anderen Stellen gewünscht hätte … Meine Kehle war plötzlich ganz trocken. Bot sich mir hier etwa die Möglichkeit auf Liebe, oder wenigstens auf ein Erotikabenteuer? Es sah ja nun ganz danach aus. Ich brachte kein Wort heraus, aber ich nickte. Ja, ich war bereit dazu. „Bist du dir sicher?„, fragte er nun. Allein sein Wechsel vom Sie zum du erschien mir entscheidend. Er war es also wohl offensichtlich, bereit zu einem kleinen Erotikabenteuer mit mir. Wieder nickte ich. Bisher war er mir sehr unsicher vorgekommen, doch jetzt schien er mit jeder Minute an Sicherheit zu gewinnen. „Dann tu mir doch einen Gefallen„, meinte er, „und zieh dich für mich aus.

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Ich sollte einen Striptease hinlegen? Jetzt und hier? Irgendwie hatte ich mir den Beginn einer Affäre schon irgendwie anders vorgestellt. Aber nun gut, wenn er jetzt gerne den Strip einer reifen Frau sehen wollte – meinetwegen, das konnte er haben. Unsicher stand ich auf, stakste auf meinen hochhackigen Schuhen in die Mitte des Raumes, wo genug Platz für einen Striptease war. Der Anfang beim Strippen war noch relativ leicht – ich ließ einfach das Jackett meines Kostüms von meinen Schultern gleiten und zu Boden fallen. Er runzelte die Stirn. „Was ist denn?„, fragte ich ängstlich, meine Finger schon am Knopf des Rockes. „Lass dir einfach Zeit„, erwiderte er. „Nicht so hastig. Wir haben viel Zeit.“ Okay – ich bemühte mich also, meinen nächsten Schritt etwas kunstvoller und erotischer zu gestalten. Ich öffnete Knopf und Reißverschluss meines Rockes und schlängele mich ganz langsam hinaus, so wie ich das mal im Fernsehen bei einer Profi Stripperin gesehen hatte. Das schien schon besser zu sein; wie gebannt hingen seine Augen an mir. Seine offensichtliche Begeisterung für meinen Strip verlieh mir Mut. Ganz langsam knöpfte ich meine Bluse auf, schlug sie mal auseinander, zog sie wieder eng um mich, ließ sie wie das Jackett von meinen Schultern gleiten, fing sie aber auf, als sie gerade bei meinen Brüsten angekommen war. Mit einem Ziehen rechts und einem Ziehen links und immer so weiter sorgte ich nun dafür, dass die Bluse irgendwann in meiner Taille ankam. Mit einer kleinen Drehung ließ ich sie dann endgültig fallen.

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04. November 2008

Hausfrauenfreud und -leid – Teil 1/2

Ich bin jetzt schon so lange solo, ich weiß schon gar nicht mehr, wie das geht; einfach mit einem Mann flirten. Und natürlich sollte der Flirt ja auch noch weitergehen und in einem Sexabenteuer enden, denn ich brauche unbedingt mal wieder Sex. Ja, ich weiß, das klingt jetzt wirklich ziemlich lächerlich – schließlich bin ich schon eine reife Frau. 49 Jahre werde ich in einem Monat alt, und ich lebe schon viele Jahre ohne Sex. Eigentlich seit der Trennung von meinem Mann, und die ist jetzt schon fast drei Jahre her.

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Seitdem habe ich es aber nicht gewagt, aus meinem Schneckenhaus zu kommen und private erotische Kontakte zu suchen. Ich habe es einfach verlernt. Für Teenager Girls mag es ja noch angehen. Die müssen einfach nur irgendwo auftauchen, und schon können sie gleich ein Dutzend Verehrer haben und gehen bestimmt anschließend ohne Sex nach hause. Aber für reife Frauen wie mich? Noch dazu bin ich keine erfolgreiche Geschäftsfrau. Ich habe nicht einmal einen Beruf. Ich bin einfach nur eine reife Hausfrau. Ich hatte zwar einen Beruf, als ich geheiratet habe. Aber den habe ich dann für meinen Mann und für die Kinder aufgegeben, die jetzt allerdings schon lange groß und aus dem Haus sind. Da ist man doch wirklich eine Witzfigur – als reife Hausfrau ohne Ehemann und ohne Kinder. So ein Haushalt einer Solo Dame ist auch wirklich nicht viel Arbeit. Ich mache morgens ein bisschen was, und schon ist meine Arbeit als Hausfrau erledigt. Den Rest des Tages sitze ich herum und sehne mich nach dem erotischen Prickeln, das ich schon so lange nicht erlebt habe. Und wo sollte ich es auch erleben? Reife Hausfrauen kommen ja schließlich kaum unter Leute. Höchstens zum Einkaufen; und was muss man als Single schon groß einkaufen? Natürlich habe ich ein paar Freundinnen; aber das sind eben auch alles Frauen, da ist kein einziger Mann darunter. Immerhin kann ich meine Freundinnen fragen, wie man das denn nun als reife Hausfrau anstellt, Männer kennenlernen. Endlich mal wieder Sex haben. Meine Freundinnen sind reife Hausfrauen wie ich, und mit Sex sieht es bei ihnen auch nicht viel besser aus als bei mir. Die sind zwar alle noch verheiratet, aber alleine die Tatsache, dass da ein Ehemann ist, garantiert ja noch keinen Sex. Das weiß ich aus eigener leidvoller Erfahrung, und bei meinen Freundinnen ist es nicht anders.

Melina, eine meiner Freundinnen, meinte neulich noch scherzhaft, ich sollte mir den Sex doch genau da holen, wo reife Hausfrauen ihn angeblich immer herbekommen; vom Postboten oder von einem Handwerker. Ja, vielen Dank – die einzigen Handwerker, die hier ab und zu mal in meine kleine Wohnung kommen, das sind knurrige alte Männer, von denen ich nicht einmal dann gevögelt werden wollte, wenn sie Lust auf Sex hätten, und das haben sie ganz eindeutig nicht. Und bei den verschiedenen Postboten gibt es zwar einen jungen Mann, der mir sogar richtig gut gefallen würde, und der ist auch immer sehr nett, aber der ist mindestens 20 Jahre jünger ich und kommt deshalb als Sexabenteuer für reife Hausfrauen ja wohl nicht in Betracht. Eine andere Freundin, Katrin, hat mir gesagt, ich soll doch einfach in irgendeinen Verein gehen oder einen Volkshochschulkurs besuchen. Aber wetten, bei der VHS treffe ich nur andere reife Hausfrauen und keine interessanten Männer? Denn die haben doch für Volkshochschulkurse überhaupt keine Zeit. Und Vereine mochte ich noch nie.

Außerdem wird man ja nicht für private Erotikkontakte Mitglied eines Vereins. Da müsste mich schon auch das interessieren, worum es denn in diesem verein geht. Und da fällt mir auf Anhieb nichts ein. Sportliche Betätigungen sind nichts für reife Hausfrauen, die jahrelang zwar hart körperlich gearbeitet, aber bestimmt keinen Sport getrieben haben. Und ansonsten habe ich als einziges Hobby das Lesen – und das macht man nicht in einem Verein. Obwohl es da schon eine Möglichkeit gäbe – es hat jetzt gerade, das hat mir meine erwachsene Tochter erzählt, ein neuer Literaturkreis in der Stadt aufgemacht. Angeblich treffen sich dort die Menschen, die Bücher lieben, lesen gemeinsam, diskutieren über das Gelesene, fahren gemeinsam zu Lesungen von bekannten und weniger bekannten Autoren und solche Sachen. Das klingt schon sehr faszinierend. Trotzdem – ich kann doch da als reife Hausfrau nicht einfach auftauchen; das sind doch bestimmt alles Akademiker in guten Berufen und Intellektuelle, die reife Hausfrauen wie mich einfach nur belächeln. Das klingt schon danach. Würde es Lesekreis heißen statt Literaturkreis, würde ich mir das ja überlegen. Aber so? Nein, so sehr mich meine Tochter auch drängt, doch da einfach mal hinzugehen – sie hat mir sogar die Termine, wann dieser Literaturkreis sich trifft, aus der Zeitung ausgeschnitten und in meinem Kalender mit den traurig wenigen Eintragungen vermerkt – ich glaube nicht, dass das etwas für mich ist.

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Trotzdem ertappe ich mich an dem Mittwoch Morgen, bevor sich abends der Literaturkreis wieder treffen soll, dabei, dass ich es zumindest als Gedankenspiel in Betracht ziehe, dort einfach auch aufzutauchen. Immerhin befasst man sich dort ja mit einem Thema, das mich interessiert. Auch wenn ich private erotische Kontakte dort sicherlich nicht finden kann. Andererseits – warum nicht? Und einen Vorteil hätte die Sache; wenn ich dort einen charmanten Mann in meinem Alter kennenlernen kann, dann weiß ich immerhin, wir teilen schon einmal wenigstens ein leidenschaftliches Interesse, nämlich das für Lesen und Bücher. Das hat mir bei meinem Mann immer gefehlt, der höchstens mal Fachzeitschriften liest oder die Tageszeitung. Ich schwanke hin und her, ich kann mich einfach nicht entscheiden. Gehe ich hin? Gehe ich nicht hin? Ich sollte vielleicht mal das alte Spielchen spielen, die Blütenblätter von einer Blume zupfen, so wie früher. Er liebt mich, er liebt mich nicht … Na, das hat mir viel gebracht! Bei meinem Mann hat die Blume steif und fest behauptet, er liebt mich. Vielleicht tat er das sogar. Aber man sieht ja, was es mir eingebracht hat – als reife Frau von (fast) 50 stehe ich nun alleine da. Nein, ich werde lieber nicht das Blumen Orakel befragen. Irgendwann am frühen Nachmittag kommt mir die Erleuchtung. Der Literaturkreis trifft sich in einer Schule, in der Schule, die meine Kinder früher besucht haben. Und ganz in der Nähe ist ein richtig gemütliches Café, in das ich oft mit meinen Freundinnen gehe. Männer trifft man dort zwar nur selten; obwohl es kein reines Frauen Café ist, scheint es doch reife Hausfrauen wie mich magisch anzuziehen. Aber dort könnte ich in Ruhe etwas trinken und es mir dann überlegen, ob ich anschließend in den Literaturkreis gehe oder doch lieber wieder nach Hause, in meine kleine, leere, trübsinnige Wohnung.

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