Ich kann es kaum erwarten, wieder zurück bei Antje zu sein. Beschimpfe mich selbst, daß ich nicht bereits in der Nacht zurückgefahren bin. Meine Mutter ist ganz enttäuscht, daß ich ihr schönes Frühstück kaum anrühre. Hastig erzähle ich etwas von Arbeit. „Aber du hast doch den Vormittag noch frei,“ bemerkt sie verwirrt.
Ja, das schon, und ich werde Antje erst in der Mittagspause sehen können; schließlich will ich sie ja nicht bei der Arbeit stören. Aber so kurz ist der Weg von meinen Eltern zurück auch nicht, und ich will auf jeden Fall nicht zu spät kommen. Endlich ist auch meine Mutter zufrieden, nachdem ich ihr versprochen habe, bald wiederzukommen. Und vielleicht noch jemanden mitzubringen. Sie horcht deutlich auf, doch taktvoll verzichtet sie darauf, mich auszufragen. Sie weiß, wenn es so weit ist, werde ich ihr ohnehin alles erzählen. Nur nach dem Namen fragt sie. Deine Freundin, das klingt so blöd, sagt sie. Womit sie recht hat.
Beim Abschied werde ich dann doch noch einmal fast sentimental; ebenso wie meine Mutter und meine Schwester. Mein Vater ist es auch, aber er verbirgt das sehr geschickt hinter mürrischen Worten. Auf einmal habe ich eine Eingebung. „Ach, übrigens, das Geschenk für deinen Geburtstag gestern hat auch Antje ausgesucht,“ erkläre ich. Meine Mutter ist hellauf begeistert, und mein Vater ringt sich immerhin ein widerwilliges Lächeln ab.
Sehr gut – sie werden beide Antje mit offenen Armen aufnehmen. Die Angst vor diesem Besuch wird es ihr nicht nehmen; aber ich denke, er wird für sie viel einfacher zu überstehen sein, als sie fürchtet.
Und wieder sitze ich im Wagen, brause irgendwelche endlosen Asphaltstrecken entlang, fluche wegen der Drängler, der riskant-Überholer und der Lahmärsche, und singe laut vor mich hin.
Viel zu früh bin ich bei dem Italiener, in dem ich mit Antje zum Mittagessen verabredet bin. Sie ist nicht pünktlich, und nervös spiele ich mit dem Bierfilz unter meinem Wasser, rutsche auf dem Stuhl hin und her. Ich weiß ja, daß sie in ihrem Job nur selten maurermäßig Pause machen kann. Trotzdem drehe ich fast hohl, als sie eine Viertelstunde nach der Zeit noch immer nicht da ist.
Ob ich sie anrufen soll? Aber wenn sie gerade Streß hat, wäre das das dümmste, was ich machen kann. Und vergessen hat sie die Verabredung bestimmt nicht. Endlich kommt sie. Gott, ist die Frau schön! Und lebendig! Und, ja, verdammt, ich liebe sie!
Kaum habe ich es in meiner Verzückung geschafft aufzustehen, steht sie auch schon direkt vor mir und fällt mir um den Hals, daß es mir den Atem nimmt. Was für ein schöner Tod wäre es, so zu sterben!