Viele Männer haben ja Probleme damit, wenn ihr Chef eine Frau ist. Ich hingegen habe damit überhaupt keine Schwierigkeiten. Ich mag das sogar, eine Chefin zu haben. Denn normalerweise sind Frauen zumindest den männlichen Untergebenen gegenüber weit weniger zickig und auf Konkurrenz aus als Männer, die immer glauben, man würde an ihrem Stuhl sägen und wolle sie verdrängen und ersetzen. So kommt es, dass ich in meinen drei Arbeitsverhältnissen in den letzten sieben Jahren jedes Mal eine Chefin hatte.
Als ich mein Betriebswirtschaftsstudium beendet hatte, konnte man sich die Jobs noch aussuchen. Heute sieht das ja ein bisschen anders aus. Meinen jetzigen Job habe ich vor drei Jahren bekommen, weil meine damalige Chefin mich empfohlen und sich sehr darum bemüht hat, mir zu einer neuen Stelle zu verhelfen, als die Firma Insolvenz anmelden musste. Meine jetzige Chefin war auf der Suche nach jemandem mit Managerqualitäten für eine Stelle als Assistent. Das ist eigentlich ein Widerspruch an sich, aber für mich ist es keiner. Genau das hat meine alte Chefin meiner jetzigen versichert, und so habe ich den Job bekommen. Ich muss nicht in der ersten Reihe stehen. Im Gegenteil – ich fühle mich am wohlsten, wenn ich die zweite Geige spiele. Obwohl ich weiß, die erste würde ich ebenso gut spielen können, scheue ich die Verantwortung, die damit verbunden ist – und so ist das Arrangement eigentlich ganz glücklich. Meine Fähigkeiten sind herausragend. Deshalb bin ich heute nicht nur der Assistent der Chefin, sondern ihre rechte Hand; derjenige, der sie vertritt, wenn sie einmal nicht da ist. Obwohl ihr Mann dafür eigentlich viel eher geeignet ist, denn ihm gehört die Firma zur Hälfte. Er hat es jedoch widerspruchslos akzeptiert, dass ich ihn von dieser Position des Stellvertreters verdrängt habe. (Ich sagte zwar, zwischen Männern gibt es immer Konkurrenzdenken; aber manchmal gibt es eben auch Ausnahmen.) Irgendwie hat meine Chefin eine Art, ihre Wünsche so weiterzugeben, dass man kaum umhin kann, sie zu erfüllen. Und so wie sie mich in Bezug auf die Arbeit unter ihrer Knute hat, so gilt dasselbe für ihren Mann. Gewiss auch privat.
Sie scheut sich nicht, ihn auch mal in meiner Gegenwart zu demütigen, und er lässt sich das widerspruchslos gefallen. Anfangs hatte ich Angst, er würde sich dafür an mir rächen wollen, wenn sie mal nicht da ist, aber das unterlässt er zum Glück. Dafür nutze ich es nicht aus, dass ich bei ihr die bessere Position einnehme. Ich lasse es ihn nicht spüren, und wann immer er sich in ihrer Abwesenheit einmischt, tue ich so, als würde ich es akzeptieren, dass er etwas zu sagen hat. Solange es nicht ihren Befehlen zuwiderläuft. Aber das wollt ihr wahrscheinlich alles gar nicht hören. Ihr wollt wissen, wie ich zu meiner letzten Gehaltserhöhung gekommen bin. Das liegt daran, dass sich mein Aufgabengebiet im Laufe der letzten Wochen ein wenig ausgeweitet hat. Angefangen hat alles vor etwa einem Monat. Ich war recht spät noch einmal in die Firma gekommen, weil die Sicherungskopie, die ich mir für die Bearbeitung einer wichtigen Präsentation zu Hause gemacht hatte, zur Vorbereitung auf eine Besprechung am nächsten Tag, irgendwie nicht funktionierte. Die Datei ließ sich nicht öffnen. Also musste ich nochmals in die Firma zurück, meinen Rechner hochfahren und die Präsentation, die ich tagsüber angefangen hatte, erneut auf meinem USB Stick zu sichern, damit ich sie zu Hause fertig stellen konnte, so wie das mit meiner Chefin abgesprochen war.
In ihrem Zimmer schimmerte noch Licht unter der Tür durch, aber da ich nichts von ihr wollte, verhielt ich mich ganz leise, um sie bei der Arbeit nicht zu stören. Schon beim hereinkommen hatte ich geglaubt, einen seltsamen Laut aus ihrem Büro zu hören, aber ich war mir nicht sicher. Ich blieb stehen, lauschte – und als nichts weiter geschah, ging ich in mein Zimmer. Gerade hatte ich den USB Stick wieder abgezogen, da hörte ich den merkwürdigen Laut erneut; es klang wie eine Mischung aus Stöhnen und Seufzen. Da, da war er wieder; und noch einmal, und noch einmal. Was war da los? Hatte unsere Chefin vielleicht einen Herzanfall, ging es ihr schlecht? Immerhin ist sie schon Mitte 40, und obwohl sie sich mit Sport fit hält, nicht trinkt und nicht raucht – reife Frauen ab 40 sind ja nun einmal ebenso wie reife Männer ab 40 durchaus gefährdet, wenn es um solche vor allem auch stressbedingten Krankheiten geht. Selbst ich mit meinen Mitte 30 gehöre da ja eigentlich schon zur Risikogruppe.
Ich beschloss, wenigstens einmal nachzusehen, ob alles in Ordnung war. Schnell fuhr ich meinen Rechner wieder herunter, löschte das Licht und raste zu ihrer Tür. Da – schon wieder! Es klang so, als leide sie unter starken Schmerzen. Ich musste dringend etwas unternehmen! Ohne anzuklopfen riss ich die Tür auf – und erstarrte. Meine Chefin hatte ihren Drehsessel vom Schreibtisch weggeschoben, so dass ich den vollen Blick auf sie hatte, und sie saß nicht aufrecht, sondern sie war mit dem Hintern ganz nach vorne gerutscht, lag also halb auf dem Stuhl. Ihre Bluse stand offen, ihre Brüste schauten halb heraus, ihr Rock hing ihr um die Hüften, und sie hatte ganz ersichtlich eine Hand in ihr Höschen gesteckt und war dabei, irgendetwas darin kräftig zu reiben und zu massieren. Zumindest war sie das wahrscheinlich gewesen, bevor ich ins Zimmer geplatzt kam; jetzt ruhte ihre Hand stocksteif in der Unterwäsche. Wahrscheinlich war der Ausdruck ihres Gesichtes bis gerade eben auch noch äußerst lustvoll gewesen; jetzt jedoch starrte sie mich entsetzt an. Ich muss aber sagen, sie erholte sich schnell wieder. Als sei das die natürlichste Sache der Welt, zog sie die Hand aus ihrem Slip und richtete sich auf. „Was machen Sie hier?„, fragte sie mich scharf. „Ich – ich wollte schauen, ob ich Ihnen nicht behilflich sein kann„, erwiderte ich stockend. Etwas ging in ihr vor; ihr Mund, zuvor abweisend und herrisch, verzog sich zu einem Lächeln. Es war allerdings kein rein freundliches Lächeln; es lag eine gewisse Grausamkeit darin. „Das könnten Sie sehr wohl, mein lieber Robert„, sagte sie. „Ich bezweifle allerdings, dass sie es schaffen, was meinem Mann regelmäßig misslingt. Wollen Sie es versuchen?“