Als ich Hannelore, meiner großen Schwester – sie ist schon 24, und ich bin gerade mal erst vor drei Wochen 18 geworden – am nächsten Tag, nachdem ich um halb vier Uhr nachmittags endlich aus dem Bett gekommen war, von dieser geilen Party erzählt habe, hat sie nur gefragt, was man uns denn da in den Tee getan hätte. Also erstens haben wir auf der Party keinen Tee getrunken, sondern Bowle. Sehr viel Alkohol war da allerdings nicht drin, mehr Fruchtsaft und Fruchtstückchen – und etwas anderes war da auch nicht drin. Wir nehmen alle keine Drogen, wir sechs, die wir diese kleine private Party gefeiert haben. Drogen sind so absolut uncool! Nein, das Besondere an dem, was da auf dieser Party passiert ist, das war einfach, dass wir auf einmal so ganz intensiv füreinander empfunden haben – ganz ohne dass irgendwelche Drogenmit im Spiel waren. Der Anlass für die Party war der 18. Geburtstag von Lothar. Der ist zusammen mit Maria, Marco, Thomas und Lara in meiner Clique – und er war der letzte, der das große Ziel der Volljährigkeit erreicht hat. Um das angemessen zu würdigen, haben seine Eltern ihm eine Riesen-Party zum Geschenk gemacht. Dieses Wochenende soll sie stattfinden, im Haus seiner Eltern. Es kommen mehr als 50 Leute, und es gibt ein Büfett von einem ganz bekannten – und teuren – Caterer in der Stadt. Wir freuen uns auch schon alle sehr auf diese große Party. Aber erstens soll die ja nun erst stattfinden, wenn sein eigentlicher Geburtstag bereits ein paar Tage vorbei ist – und zweitens wollten wir in der Clique seinen Geburtstag auch noch ein bisschen intimer begehen, nicht in einem so ganz großen, fast öffentlichen Rahmen. Deshalb haben wir fünf anderen aus der Clique uns zusammengetan und bei Thomas‘ Eltern im Partykeller eine Überraschungsparty für Lothar ausgerichtet. Das heißt, so ganz eine Überraschung war es dann doch nicht, denn er hatte sich schon so was gedacht, dass wir da was für seinen Geburtstag machen. Aber immerhin, wir hatten ohne seine Hilfe alles vorbereitet, mit Luftballons, mit Chips und Erdnüssen und so weiter und eben dieser Bowle. Außerdem hatte Thomas die Disco-Beleuchtung angemacht und für Musik gesorgt. Allein an der Musik hat Lothar natürlich vor der Tür schon gemerkt, dass da was im Gang war. Er hat sich aber trotzdem gefreut. Wir haben ihm alle gratuliert, er hat seine Geschenke aufgemacht, und dann haben wir uns auf den diversen Matratzen ausgebreitet, die Thomas extra in den Keller geschleppt hatte, damit wir nicht auf den unbequemen Barhockern sitzen mussten, und Bowle getrunken.
Irgendwann meinte Thomas grinsend zu Lothar, jetzt dürfe er ja endlich auch richtig Sex haben, wo er nun endlich ebenfalls 18 sei. Zuerst herrschte einen Augenblick absolute Stille. Über Sex reden wir nicht oft in der Clique; das ist dann mehr etwas für die Gespräche, die wir mit nur einem oder zweien führen, nicht für so einen dann doch relativ großen Kreis. Aber Lothar erholte sich schnell und erwiderte ganz keck, dass wir anderen es ja bestimmt auch noch nicht alle mal mit einem Partner so richtig getrieben hätten. Oder ob er sich da etwa täuschen würde, fragte er so in die Runde. Nun ist es so, dass Maria einen festen Freund hat. Der ist allerdings gerade bei der Bundeswehr, kommt nur am Wochenende und kann mit uns anderen nicht viel anfangen, so dass er nur ganz selten mal bei irgendwas mitmacht, was wir von der Clique aus unternehmen. Jedenfalls konnte man sich bei Maria ziemlich sicher sein, sie hatte schon mal … Aber was die anderen betraf, da war ich mir da gar nicht so sicher. Okay, die taten immer alle so wahnsinnig erfahren. Das gehört bei gerade volljährig gewordenen Teenies einfach dazu, dass sie sich den Anschein geben, als hätten sie schon alles gesehen und alles mal mitgemacht. Wie es dann in Wirklichkeit aussieht, das kann manchmal etwas ganz anderes sein. Allerdings nicht bei mir; ich muss zugeben, auch vor dieser Party, die anschließend so völlig aus den Fugen geraten ist, war ich bereits keine Jungfrau mehr. Ich hatte zwar erst ganz wenige Male mit einem Mann Sex gehabt – genauer gesagt, mit dem Trainer aus meiner Volleyballmannschaft, falls es euch interessiert -, aber vollständig unbeleckt war ich nun auch nicht mehr. Nur hatte ich natürlich erst einmal wenig Lust, darüber in der Clique zu reden, wo auch Jungs dabei waren. Maria und Lara wussten Bescheid, ebenso Hannelore – aber dass nun auch gleich Thomas, Marco und das Geburtstagskind Lothar davon erfahren sollten, war mir nicht so recht. Deshalb verhielt ich mich erst mal ganz still und wartete ab, was denn die anderen so sagen würden.