Es hat mir eigentlich nie viel ausgemacht, dass ich nicht mehr bin als eine simple Hausfrau. Auch Hausfrauen haben schließlich einen Beruf, und es ist gar nicht so einfach, diesen Beruf ordentlich zu machen. Zumal wenn man als Hausfrau nicht nur das eigene Heim in Ordnung halten, sondern auch noch repräsentieren muss, weil der eigene Ehemann als Mitglied der Geschäftsleitung in einem recht großen Betrieb öfter mal Abendessen für seine Kollegen oder für Geschäftspartner veranstaltet. Diese Tatsache, dass ich repräsentieren musste, war es aber übrigens auch, die es verhinderte, dass ich in den üblichen Hausfrauen-Schlendrian verfiel. Das gibt es ja oft, dass die Hausmuttis so in ihren Aufgaben aufgehen, dass sie für sich selbst gar keine Zeit mehr haben. Sie achten nicht mehr darauf, was sie essen, sie achten nicht mehr darauf, was sie anziehen, und so weiter. Das sieht man ihnen dann bald auch an; sie wirken einfach ungepflegt, nicht mehr sexy. Weil mein Mann aber mit einer verführerischen Frau an seiner Seite glänzen wollte, musste ich immer auf meine Figur achten, regelmäßig zum Friseur und zur Kosmetikerin gehen, und für meine Kleidung bekam ich ein extra Budget, die musste ich nicht aus der Haushaltsklasse bezahlen, denn das musste etwas Elegantes sein, und elegant ist nun einmal teuer. Ich hielt mich wirklich prima in Form. Deshalb hätte auch keiner von denjenigen, die da immer zu uns kamen bei solchen offiziellen Gelegenheiten, es vermutet, dass ich wirklich nur eine Hausfrau war. Die dachten alle, ich hätte eine eigene Karriere und würde mir das Essen von einem Catering Service bringen lassen. Eine Karriere hatte ich ja auch – ich hatte immer Tage vorher die ganze Arbeit selbst erledigt, die sonst ein Catering Service macht, und damit war ich auch vollauf beschäftigt. Es ist jetzt nicht etwa so, dass ich mit meinem Leben als Hausfrau und Ehefrau rundum zufrieden gewesen wäre, aber ich hätte es viel schlechter treffen können, das war mir klar, und insofern wollte ich mich eigentlich nicht beklagen. Das hätte auch immer so weitergehen können, wenn dann nicht eines Tages Konrad, ein junger Kollege – nun ja, eher ein junger Untergebener – meines Mannes ins Haus gekommen wäre.
Dieser junge Mann war Student, und zwar Student der Betriebswirtschaft. Er machte in der Firma, wo mein Mann einer der Geschäftsführer ist, ein Praktikum, und zwar nicht einfach so, sondern schon mit Blick darauf, wahrscheinlich nach dem Abschluss des Studiums dort in der Firma einzusteigen, und zwar womöglich sogar gleich als Assistent der Geschäftsleitung, denn er war der Sohn des Firmengründers und hatte so natürlich glänzende Beziehungen innerhalb der Firma, wenn auch nicht selbst und direkt, sondern nur über seinen Vater. Diese enge Verbindung war es dann letztlich auch, die das ganze Kuddelmuddel hervorgerufen hat. Denn bevor der junge Mann sein Praktikum in der Firma begonnen hatte, hatte sein Vater meinen Mann extra beiseite genommen und ihm sein Leid geklagt. Sein Sohn machte ihm nämlich schwere Sorgen. Er hatte zwar durchaus ab und zu mal kleine Abenteuer, aber noch immer keine feste Freundin, obwohl er bereits 24 Jahre alt war. Das störte seinen Vater gewaltig. Er hatte natürlich auch Angst, irgendwann könne das Gerücht aufkommen, sein Sohn sei schwul, und das könne auch seiner Karriere im Weg stehen. Meinem Mann gegenüber drückte er das selbstverständlich erheblich dezenter aus, aber als mein Mann es an mich weitergab, lautete die Anweisung, kurz und knapp auf den Punkt gebracht, dass wir seinem Sohn eine Freundin beschaffen sollten. Wie er sich das vorstellte, dass wir das anfangen sollten, dazu äußerte er sich nicht. Ich war zunächst einmal ziemlich ungehalten. Es mag zwar in früheren Zeiten Hausfrauen gegeben haben, die sich als Kupplerinnen betätigt hatten, aber zu denen wollte ich ja nun nicht unbedingt dazugehören. Allerdings konnte ich mich ja auch nicht einfach weigern; wenn nichts geschah, war der Firmengründer auf meinen Mann sauer, und der auf mich, und davor hatte ich mächtig Bammel, vor einer so vergifteten Atmosphäre. Also besprach ich mich mit meinem Mann. Ich versprach ihm, dass ich ein paar Partys organisieren und dabei darauf achten würde, dass genügend junge Damen, und zwar Single Girls, anwesend waren, aber gleichzeitig erklärte ich ihm klipp und klar, mehr würde ich auf gar keinen Fall tun, außer diesem Konrad diese Gelegenheiten bieten. Sich mit den jungen Damen zusammentun musste er dann schon selbst; da würde ich mich nicht einmischen und nicht weiter nachhelfen. Mein Mann hatte sich zwar mehr erhofft, aber er sah ein, das war nicht durchzusetzen. Als ich ihn im Laufe der Diskussion der Anstiftung zur Kuppelei beschuldigte, gab er doch gleich nach.