Oh nein, was soll das denn? Welcher unverschämte Wichser reißt uns lange vor der Aufstehzeit aus dem Schlaf? Endlich verstummt das nicht nur den Schlaf, sondern auch die gute Laune vertreibende Geräusch. Antje meldet sich unwirsch. Ist kurz still, holt tief Luft, und dann legt sie los.
Da hat sie jemand aber wirklich auf dem falschen Fuß erwischt; wobei, ich gebe es zu, sie direkt nach dem Aufwachen auf dem richtigen zu fassen zu bekommen, ist auch nicht ganz einfach.
„Wenn du mich nicht ab sofort in Ruhe läßt, Bernd,“ zischt sie, „dann werde ich dafür sorgen, daß genau das eintrifft, wovor du eine solche Angst hast – daß all deine Kollegen von deinen speziellen Neigungen erfahren!“
Na, jetzt spinnt er wirklich total, dieser Bernd – morgens um diese Zeit hier anzurufen! Nun, ich schätze, mit ihrer Drohung hat Antje wahrscheinlich mit das einzige gefunden, das weitere Anrufe seinerseits verhindert. Ich kann in der plötzlichen Stille nach dem Auflegen des Telefons Antjes Herz wie rasend klopfen hören. Beruhigend massiere ich ihre Schultern. Erkläre ihr, daß sie meiner Meinung nach das Richtige getan hat.
„Nein,“ geht sie auf mich los, „auf diese Weise darf ich mich auf keinen Fall wehren!“
Moment, Moment – ich habe ihr nichts getan! Und, bei aller Liebe, lange vorm Aufstehen von einem Anruf geweckt werden, und dann noch von einem solchen, hat meine Stimmung auch nicht gerade verbessert. Da vergeht einem ja sogar die Morgenlatte, noch bevor man auf dem Klo war! Apropos, dort müßte ich eigentlich dringend hin. Bloß, wenn ich jetzt verschwinde, ist sie mit Sicherheit für Stunden sauer auf mich.
Also ruhig bleiben, freundlich; und hoffen, daß es nicht allzu lange dauert, sie zu überzeugen. „Du bist also der Meinung,“ frage ich sie, „du mußt dir das einfach gefallen lassen, daß er dich jeden Tag mehrfach anruft, zu den unmöglichsten Stunden, und dir mit seinem Wunsch auf die Nerven geht, daß du dich mit ihm treffen sollst? Obwohl du ihm klipp und klar gesagt hast, daß du nichts mit ihm zu tun haben willst?“
„Nein,“ räumt sie ein. „Aber es muß eine andere Möglichkeit geben, ihn loszuwerden.“