10. April 2008

Die verschwundene Domina – Teil 3

Scheinbar empört, richtete sie sich so gerade auf, wie es ihr nur möglich war. „Gar nichts ist es mit uns beiden!„, fauchte sie. „Sie glauben wohl auch, bloß weil Sie es mit einer Lady zu tun haben, die mit ihrer Erotik offen umgeht, gibt Ihnen das gleich das Recht, sie als Freiwild zu behandeln, ja?

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Sie war offensichtlich eine gute Schauspielerin. Ihre Entrüstung wirkte so glaubhaft, als würde sie sie tatsächlich empfinden. Als sei hier tatsächlich eine private Domina höchst ungehalten darüber, dass ein Polizist ihr in ihrer Wohnung sozusagen einen unsittlichen Antrag gemacht hatte.

In Wirklichkeit jagten ihr heiß-kalte Schauer über den Rücken. Ganz offen hatte er jetzt doch sein Interesse an ihr bekundet. Feucht und feuchter fühlte es sich zwischen ihren Schenkeln an.

Wie sehr sie diesen Mann begehrte – so sehr er ihr auch gleichzeitig auf die Nerven ging mit seiner aufdringlichen Art, und noch mehr mit seiner aufdringlichen Fragerei. Aber das Fragen hatte ja jetzt gewiss sein Ende.

Wie er wohl auf ihre Abfuhr reagieren würde? Holte er sich jetzt von ihr, was er wollte, notfalls mit sanfter Gewalt? Würde er einfach nach ihr greifen, sie an sich ziehen, sich gegen sie pressen?

Die Schauer wurden stärker.

Sie würde sich sträuben, natürlich, sie würde ganz auf beleidigte Unschuld machen – aber tief im Inneren wusste sie, sie würde es genießen.

Wie viele Menschen, die von BDSM fasziniert sind, trug sie beides in sich; eine dominante und eine devote Seite.

Es war ihr bewusst.

Und doch hatte sie es sich bisher noch nie gestattet, auch ihre submissive Ader einmal real auszuleben.

Es hatte sie noch nie gereizt, sich selbst zu unterwerfen statt zu beherrschen, die Peitschenhiebe zu spüren statt sie auszuteilen. Noch nie vorher, noch bei keinem einzigen Mann.

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Erst bei diesem hier.

Mit blitzenden Augen sah sie zu ihm hoch, wartend, herausfordernd, gespannt und selbstbewusst.

Wieder zuckte er die Achseln.

Schade. Aber nicht zu ändern. Aber glauben Sie bloß nicht, Sie sind mich jetzt los. Nachdem Sie hier in dieser lockeren, privaten Atmosphäre nicht reden wollen – auf dem Präsidium werden Sie reden müssen. Ich verwette meine Polizeimarke, Sie wissen erheblich mehr, als Sie es uns gegenüber bisher zugegeben haben. Womöglich sogar erheblich mehr. Vielleicht bringt ein nüchternes Behördenzimmer Sie ja leichter zum Reden. Und die Gegenwart meines Kollegen. Ich sehe Sie morgen früh um 7 Uhr 45 in meinem Büro, Marktplatz 4, Zimmer 307, dritter Stock.

Sie öffnete den Mund, um zu protestieren.

Er konnte sie doch nicht einfach auf die Polizeistube bestellen wie eine gewöhnliche Kriminelle!

Schließlich hatte sie nichts verbrochen.

Gut, sie hatte in Bezug auf ihre Kollegin vielleicht nicht alles gesagt, was sie wusste. Doch das machte sie ja nun wahrlich noch nicht zu einer Verbrecherin. Außerdem, so konkret hatte sie auch noch keiner danach gefragt.

Heute Morgen hatten die beiden Beamten nur wissen wollen, ob es ihr bekannt sei, wo ihre Kollegin sich aufhalte.

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Sie hatte die Frage verneint – und damit auch nicht gelogen. Schließlich hatte sie nicht die geringste Ahnung, wo Tamara sich im Augenblick aufhielt. Also Lady Tamara – mit bürgerlichem Namen hieß sie Monika, Monika Becker. Was natürlich nicht halb so beeindruckend klang wie Lady Tamara.

Sie selbst hatte mehr Glück gehabt.

Ihr bürgerlicher Vorname Agneta – ihre Mutter war ein Fan der Popgruppe ABBA gewesen – ließ sich sehr gut zusammen mit dem vorgestellten „Mistress“ zu einem echten Domina Namen machen.

Aber was auch immer sie der Polizei zu Lady Tamara hätte sagen können – danach hatte noch niemand versucht, sie auszuhorchen.

Er war noch am ehesten dran gewesen, bevor sie beide sich in diesem Spiegelgefecht verloren hatten.

Und nun glaubte er, er könne am nächsten Tag über ihre Zeit verfügen und sie zu nachtschlafener Zeit in sein Büro bestellen? Das durfte ja wohl nicht wahr sein! So konnte man nicht mit ihr umspringen.

In ihre Empörung mischte sich auf einmal, ganz plötzlich, noch ein anderes Gefühl. Haltlose, kalte Enttäuschung, dass er ihr „Nein“ so einfach, und noch dazu achselzuckend akzeptiert hatte.

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Natürlich, nicht immer wenn eine Frau „Nein“ sagte meinte sie damit in Wirklichkeit „Vielleicht“ oder womöglich sogar „Ja„; aber in ihrem Fall war es dann doch einmal so gewesen.

Und nun hatte er so schnell umschalten können, im Bruchteil einer Sekunde. Nun war es kein privater Flirt mehr, der zwischen ihnen ablief, kein spannungsgeladenes erotisches Geplänkel – nun war er wieder ganz der Bulle, dem nichts etwas anhaben konnte, und den nichts interessierte außer seinem Fall.

Nun gut – wenn er es nicht anders haben wollte …

Dann würden sie ihr Spiel eben morgen fortsetzen. Wobei sie unter diesen Umständen einen großen Vorteil hatte – sie würde sich gut vorbereiten können auf die nächste Begegnung mit ihm.

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Ich werde da sein„, entgegnete sie kalt und ließ ihn mit einer Handbewegung wissen, dass er entlassen war; nun doch wieder ganz die absolut selbstsichere Domina, die alles unter Kontrolle hatte.

Vor allem ihre eigenen Gefühle.

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