18. April 2007

Kapitel 3 Fetisch Roman | Sie – Sichtweise Antje

Kichernd rennen wir durch das Foyer des Kinos nach draußen. Der Kartenverkäufer beobachtet uns amüsiert.

Es muß Jahre her sein, daß ich das letzte Mal im Kino mehr mit meinem Begleiter beschäftigt war als mit dem Film. Und es war zu einer Zeit, in der es nicht möglich war, dann einfach zu gehen, um die Beschäftigung an einem geeigneteren Ort fortzusetzen. Meine Eltern hätten mir etwas gehustet.

Es ist wunderschön, sich innerlich wie ein frischverliebter Teenager zu fühlen, während man äußerlich die Möglichkeiten eines gesetzteren Semesters hat, diese Gefühle auszuleben.

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„Kommst du mit zu mir?“ fragt David, und seine Stimme ist rauh vor Erregung. Ich kann es nicht lassen – ich muß sie durch einen festen Griff zwischen seine Beine verstärken, während ich lachend einwillige. David stöhnt auf, und ich merke, wie mein Slip immer feuchter wird.

Seine Wohnung ist ganz in der Nähe, und wir gehen zu Fuß. Mein Auto kann ich später noch holen. Wann auch immer dieses später sein wird. Kaum hat David die Tür geschlossen, reißt er mich an sich, und seine Hände sind plötzlich überall. So haben wir nicht gewettet, mein Freund, denke ich leicht verärgert. Ich ziehe es nun einmal vor, wenn die Initiative bei mir liegt. Unwillig trete ich einen Schritt zurück. Er will sich sofort wieder nähern, doch ich hebe abwehrend die Hand. „Ich will erst deine Wohnung sehen,“ verkünde ich; ein wenig atemlos, aber energisch genug, daß er mit einem zustimmenden Nicken reagiert. Ich besehe mir jeden Winkel. In der gesamten Wohnung herrscht auf Boden und Oberflächen ein ziemliches Chaos. Sehr ordentlich scheint David nicht zu sein. Immerhin macht er regelmäßig sauber, das sieht man.

„Meinst du nicht, du solltest für mich etwas Ordnung schaffen?“ frage ich provozierend. „Ich werde gleich morgen alles für dich aufräumen,“ verspricht er. Ich habe eine solche Lust auf ihn, daß ich versucht bin, die Sache damit auf sich beruhen zu lassen. Aber ich weiß von meiner letzten Beziehung her, welch gravierender Fehler es ist, dieser Lust nachzugeben, bevor ich den anderen über meine ganz besonderen Neigungen aufgeklärt habe. Dann lasse ich es lieber darauf ankommen, daß David lautschreiend das Weite sucht, wenn er davon erfährt, als daß ich so etwas noch einmal erlebe. Trotzdem klopft mein Herz wie wild, als ich so herrisch, wie mir das in meiner Aufregung und meiner Angst, ihn dadurch verlieren, möglich ist, zu ihm sage: „Morgen? Ich dachte eigentlich eher an sofort.“ „Jetzt?“ fragt er ungläubig. Ich halte seinem Blick stand.

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Der Ausdruck in seinen Augen verändert sich. Zuerst steht Protest darin, dann eine gewisse Amüsiertheit. Und schließlich wird er sehr weich, und er erwidert, ganz sanft: „Wenn du das möchtest – selbstverständlich.“ Er greift sich ein paar Kleidungsstücke, die den Flur bevölkern, bringt sie ins Bad, wo der Wäschekorb steht, sucht im Wohnzimmer die herumliegenden Zeitschriften zusammen und legt sie ins Regal. Ich bleibe stehen, beobachte ihn. Plötzlich kommt er zu mir. „Bitte, entschuldige, ich bin ein äußerst unhöflicher Gastgeber. Was kann ich dir zu trinken bringen? Und setz dich doch!“

Ich erbitte mir ein Wasser, folge ihm in die Küche. Während er es eingießt, bewundere ich seine wohlgeformten Pobacken. Ganz leicht lege ich meine Hände darauf, ertaste mit den Fingernägeln die empfindlichen Stellen direkt unterhalb der Rundung, schiebe schließlich die rechte Hand zwischen seine Beine, während ich mit der linken nach vorne fasse. David atmet heftig, und natürlich hat er ein wenig von dem Wasser daneben gegossen. Mein erster Impuls ist es auszuholen und ihm einen Hieb auf seinen phantastischen Hintern zu versetzen. Aber so weit sind wir noch nicht. So schlage ich nur ganz leicht meine Zähne in seine Schulter und murmele: „Du solltest ein bißchen besser aufpassen.“ „Verzeih mir, ich bin ungeschickt,“ flüstert David. „Und es ist sicher keine Entschuldigung, daß es nur deine Nähe ist, die meine Finger zittern läßt.“

„Du lernst sehr schnell, David,“ sage ich anerkennend. Er lacht leise. „Ich gebe mir Mühe, Antje. Obwohl ich zugeben muß, ich bin sehr überrascht.“ „Nur überrascht?“ frage ich. David dreht sich um und legt die Arme um mich. „Nur überrascht,“ antwortet er. „Und zwar sehr positiv überrascht.“ Unsere Blicke umspielen einander; wir sind beide etwas verlegen. „Ich muß dir allerdings gestehen,“ fügt er hinzu, „daß ich nicht weiß, ob ich deinen Ansprüchen genügen kann. Sehr erfahren bin ich in dieser Beziehung nicht.“ Ich spüre seine Unsicherheit, zeichne liebevoll mit einem Finger die Konturen seiner Wange nach. „Laß uns einfach gemeinsam sehen, wie es mit uns wird. Ich habe kein Recht, Ansprüche an dich zu stellen, David.“

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Er ergreift meine Hand, führt sie zu seinen Lippen, und dann bedeckt er jeden einzelnen Finger, den Handrücken und schließlich die Innenfläche mit unzähligen federleichten Küssen. „Ich gebe dir das Recht,“ sagt er dann leise. „Aber ich fürchte, es bedarf einer ziemlich weitgehenden – Erziehung, sagt man ja wohl?“ Lachend ziehe ich seinen Kopf herunter, dringe ein in seinen Mund, reibe mein Becken gegen seines. Stöhnend überläßt er sich mir.

Ruckartig löse ich mich von ihm. „Ich denke, es wird Zeit, mit dem Aufräumen weiterzumachen; sonst werden wir nie fertig.“

Energisch fasse ich mit an, und so sind wir schnell fertig. Im nun ganz ordentlichen Wohnzimmer stehen wir einander gegenüber, genießen diesen köstlichen, zeitlosen Moment des Übergangs zum nächsten Schritt.

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Da klingelt das Telefon. Fluchend nimmt David den Hörer ab. Er antwortet recht einsilbig, und ich kann aus seinen Worten nicht erraten, mit wem er spricht, und worum es geht. In dem Versuch, Taktgefühl zu zeigen, habe ich mich in eine Ecke verzogen und mustere angelegentlich die Titel der Bücher im Regal. Das meiste sind historische Sachbücher. Um Gotteswillen – wenn Geschichte eines seiner Steckenpferde ist, werden wir uns insofern wenig zu sagen haben.

Nun sagt David: „Also, dann bis gleich,“ und mit einem wilden Schmerz in der Magengrube erkenne ich, daß unser romantischer Abend, der so wunderschön begann, gerade eben vorzeitig sein Ende gefunden hat.

„Antje, es tut mir wahnsinnig leid, aber ich muß noch einmal weg,“ erklärt David, und seine Stimme klingt gepreßt. Schlagartig bin ich enttäuscht, wütend. Sehe bewußt darüber hinweg, daß es ihm wahrscheinlich nicht anders geht, und hänge mich dabei daran auf, daß er es nicht einmal für nötig hält, mir mitzuteilen, wer der geheimnisvolle späte Anrufer war, der wie mit einem kalten Wasserguß so jäh die knisternden Funken zwischen uns ausgelöscht hat. Oder war es womöglich sogar eine Anruferin? Schließlich haben wir nie über unseren liebesrechtlichen Status gesprochen. Es ist gut möglich, daß David in absolut festen Händen ist, und nicht solo wie ich.

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Bewußt arrogant werfe ich den Kopf zurück. „Ist schon in Ordnung. Wer weiß, vielleicht ist es ja auch ganz gut, daß wir unterbrochen worden sind.“ Sein Gesicht verzieht sich schmerzlich; ich habe ihn verletzt. Sofort packt mich die Reue. „Entschuldige, David, das war unfair,“ bemerke ich kleinlaut.

Er kommt zu mir, legt mir die Hände auf die Schultern. „Antje, bitte, warte hier auf mich. Ich werde mich beeilen. Du kannst es mir glauben, ich würde lieber hier in deiner Gegenwart den Fußboden mit einer Zahnbürste schrubben, statt jetzt wegzugehen. Aber ich muß.“ Ein wenig ungehalten bin ich noch immer, aber der freudige Stich, den seine Worte mit versetzen, besänftigt mich etwas.

Es ist ein seltsames Gefühl, alleine in seiner Wohnung zu sein. Noch einmal untersuche ich das Bücherregal und finde einige Romane, aus denen ich mir einen von Grisham auswähle. Nicht gerade mein Lieblingsautor, aber immerhin spannend genug, um mich abzulenken.

Das erneute Klingeln des Telefons eine Viertelstunde später läßt mich hochschrecken und aus der Welt einer amerikanischen Anwaltskanzlei unvermittelt wieder herübergleiten in die Enttäuschung schroff unterbrochener Lust. Zögernd überlege ich, ob ich den Anruf entgegennehmen soll; es kann ja auch David selbst sein, der sich meldet. Aber da springt bereits der Anrufbeantworter an. Und nach dem üblichen netten Spruch mit dem Piepton von David höre ich eine ungeduldige Frauenstimme sagen: „Verdammt, David, wo bleibst du denn? Typisch – noch gestern hast du gar nicht genug bekommen können, mir zu versichern, daß du immer für mich da bist. Aber was von deinen Versprechungen zu halten ist, sehe ich ja jetzt. Beeile dich gefälligst!“ Dann wird vernehmbar der Hörer aufgeknallt.

Völlig fassungslos stehe ich da. Niemand außer einer festen Partnerin würde solche Worte verwenden. Seine Schwester ist die Unbekannte jedenfalls eindeutig nicht.

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Ich brauche einige Minuten, um mich von diesem Schlag zu erholen.

Dann gehe ich durch die Zimmer, zerre die Zeitschriften und Papiere hervor, die wir eben gemeinsam weggeräumt haben, hole ein paar Klamotten aus seinem Kleiderschrank, und verteile alles strategisch so, daß die Wohnung fast genauso aussieht wie vorhin, als ich sie betreten habe. So, als ob ich nie dagewesen wäre.

Schließlich werfe ich meinen Mantel über, öffne die Tür, zögere kurz an der Schwelle. Aber dann trete ich doch entschlossen ins Treppenhaus, und lasse sie mit einem lauten Knall hinter mir ins Schloß fallen

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