Fassungslos stand ich vor dem Matratzenlager. Ich hatte mir schon fast so etwas gedacht, denn schließlich war es nur eine kleine Zweizimmerwohnung, wo ich zu Besuch war – und im Wohnzimmer hatte ich auf dem Schlafsofa mein Lager aufgeschlagen. Da blieb ja eigentlich nur noch ein Zimmer übrig für die anderen drei Bewohner; meine Freundin Silvia, ihren Freund Jonas und den Mitbewohner Gregor. Und genau in diesem Zimmer, dem Schlafzimmer, lagen sie; drei Matratzen, eine neben der anderen. Nicht etwa gruppiert in einen Zweier und einen Einer, wie das den Verhältnissen entsprochen hätte, Silvia und Freund plus Mitbewohner getrennt, sondern direkt nebeneinander. Nun hätte es natürlich auch sein können, dass Gregor normalerweise draußen auf der Schlafcouch übernachtete, die ich für meinen zweitägigen Besuch mit Beschlag belegt hatte, und Silvia nebst Freund das Schlafzimmer alleine überließ. Aber als wir diese Klappcouch zusammen für mich vorbereitet hatten am ersten Abend, stand Silvia ziemlich hilflos davor und meinte, die hätten sie bisher noch nie zum Bett umgebaut, sie wisse gar nicht, was man wo ausziehen müsse dafür. Woraus also folgte, die drei, die diese kleine Wohnung bevölkerten, schliefen ständig zusammen. Silvia war wirklich immer für eine Überraschung gut! Auf dem Gymnasium waren wir immer zweitbeste Freundinnen gewesen. Die beste Freundin, das war bei ihr Ellen, und bei mir war es Regina. Nun hatten sich Regina und Ellen überhaupt nicht verstanden, sodass man nie etwas zu viert hatte machen können. Deshalb waren wir füreinander automatisch immer nur zweite Wahl gewesen. Aber auch die zweitbeste Freundin ist eine sehr gute Freundin, mit der man viel unternimmt. Nach dem Abitur jedoch hatten wir uns, wie fast alle anderen auch, gegenseitig aus den Augen verloren. Silvia war mit ihrem damaligen Freund nach Holland gegangen, um nichts zu tun, und ich hatte mit meinem Studium in München angefangen. Doch plötzlich, kurz vor Ende des dritten Semesters, hatte sie mich angerufen; sie hatte die Nummer von meinen Eltern bekommen. Freudestrahlend erzählte sie mir, sie wohne jetzt auch in Bayern, mit ihrem neuen Freund Jonas, und zwar ganz in der Nähe von München. Ob ich nicht mal für ein Wochenende vorbeikommen wollte, fragte sie mich. Ich hatte zwar wenig Lust, in eine idyllische Zweisamkeit hineinzuplatzen, aber auf der anderen Seite wollte ich Silvia auch gerne wiedersehen. So kam es, dass ich zwei Wochen nach diesem Anruf an einem Freitagabend bei ihr aufkreuzte.
Wir umarmten uns wie lange verloren geglaubte Freunde, die wir ja auch waren, und dann stellte sie mir die beiden Männer vor, die geduldig auf dem Sofa saßen, wo ich für das Wochenende schlafen sollte, und sich das Schauspiel der beiden Wiedervereinten betrachteten. Der eine war Jonas; mit dem hatte ich ja nun auch gerechnet. Dann stellte sich jedoch heraus, dass auch der andere, Gregor, mit in der Wohnung lebte und nicht etwa nur zu Besuch war. Das fand ich schon etwas komisch. Ja, und am nächsten Morgen, als die beiden Männer gemeinsam unterwegs waren, um irgendetwas zu unternehmen, was Männer so unternehmen, wenn sie zwei Frauen entfliehen wollen, die beim Quatschen über vergangene Zeiten kein Ende mehr finden, hatte mich Silvia ins Schlafzimmer geführt, um mir ihre Nähmaschine zu zeigen, auf der sie neuerdings alle ihre Kleider selbst schneiderte, und da hatte ich die drei Matratzen nebeneinander entdeckt. „Schlaft ihr alle drei zusammen?“, fragte ich sie ungläubig. Silvia nickte, als ob das die normalste Sache von der Welt wäre, dass sich drei Menschlein zum Schlafen zusammentun und nebeneinander übernachten, wenn nur zwei davon miteinander verbandelt sind. „Aber … aber stört euch das denn nicht, Jonas und dich?“, versuchte ich meine Bedenken gegenüber diesem Schlafarrangement ungeschickt in Worte zu packen. „Du meinst, wenn wir miteinander vögeln?“, formulierte Silvia meine Frage um; sie war schon in der Schule immer sehr direkt gewesen. Zögernd bejahte ich. „Ach, weißt du“, meinte sie lässig, „es gibt ja viele Gelegenheiten, wenn Gregor nicht da ist. Er hat eine eigene Freundin, musst du wissen. Da können wir es schon ungestört miteinander treiben. Und falls Gregor mal da ist und wir Lust auf Sex haben, dann zieht er sich entweder ins andere Zimmer zurück – oder er macht mit.“ Mir klappte beinahe die Kinnlade herunter. Nun gut, Silvia war kein Kind von Traurigkeit. Das war sie noch nie gewesen. Sie war ein Jahr älter als die meisten aus der Klasse, und wo wir uns an den Sex erst so langsam heran tasteten, hatte sie schon voll ihre Erfahrungen gemacht, die sie bereitwillig mit uns teilte. Aber dass ein flotter Dreier für sie etwas so Selbstverständliches war, das erstaunte mich nun doch; damit hatte ich nicht gerechnet. Vor allem nicht, weil ich zwar Silvia kannte und der den Gruppensex als Regel ohne weiteres zugetraut hätte, allerdings sowohl bei Jonas, als auch bei Gregor eher das Gefühl gehabt hatte, das waren eher biedere und anständige Jungs, die beim Sex eher die konventionellen und nicht allzu versauten Dinge bevorzugen. So kann man sich täuschen …