Es dauert eine ganze Weile, bis sie öffnet. Im Bademantel. Ich könnte auf der Stelle über sie herfallen. Aber ich beherrsche mich. Erst einmal muß ich etwas wieder in Ordnung bringen.
„Antje, ich bin ein Idiot,“ sage ich. Wenn sie jetzt nichts mehr von mir wissen will, hat sie jedes Recht der Welt dazu. Und ich bin dann auch noch selbst schuld daran.
„Da kann ich dir nur recht geben,“ erwidert sie. Ein bißchen patzig, aber auch mit Lachen in der Stimme. Immerhin schmeißt sie mich nicht gleich raus, noch bevor ich überhaupt in der Wohnung bin. Ziemlich müde und fertig sieht sie aus. Hat auch nicht viel geschlafen wahrscheinlich. Dicke Reue packt mich. Ich hätte uns beiden viel erspart, wenn ich auf diesen Ausbruch verzichtet hätte.
„Erzählst du mir, weshalb du dieser Meinung bist?“ fragt sie jetzt. Was will sie hören – ein vertieftes Schuldbekenntnis? Mea culpa, mea culpa, mit an die Brust schlagen und Geißelung womöglich? Okay, wenn sie die vornimmt …
Nein, es klingt sehr ernsthaft, ihre Frage. Sie will nur wissen, warum ich abgehauen bin. Das wollte ich ihr ohnehin erklären. Darauf hat sie ein Recht. Ob ich es hinkriege, weiß ich allerdings nicht.
Sie macht einen Schritt zurück in die Wohnung. Sieht aus wie eine Aufforderung. Aber ist es auch eine? Ich will jetzt keine Unklarheiten. Wenn es nur nolens volens ist, daß sie mich reinläßt, weil man eben Leute meistens nicht wieder wegschickt, die vor der Tür stehen, dann gehe ich lieber wieder. Sie muß es schon wirklich wollen.
Wenn ich sie so sehe, weiß ich auf einmal, es war nötig, daß ich gestern geflohen bin. Vielleicht nicht richtig, aber nötig. Für mich. Denn was ich gerade gedacht habe, gilt auch umgekehrt. Sie muß ebenso wissen, daß ich ganz bewußt bei ihr bin, bei ihr bleibe. Und nicht einfach, weil sie mich in einem verführerischen Netz gefangen hat. Bloß – dazu mußte ich das erst einmal selbst herausfinden, daß es so ist. Erst jetzt kann ich es ihr sagen.