29. Januar 2009

Die (Sex)Kontaktanzeige

Suchend blickte ich mich um. Es war ziemlich hell im Inneren des Cafés, in das sie mich bestellt hatte, und ich konnte alle Tische überblicken. Aber es gab keinen, an dem eine einzelne junge Frau gesessen hätte; da war ich wohl noch zu früh dran für mein Blind Date. Obwohl, ein Blind Date konnte man es einerseits nicht mehr und andererseits noch nicht nennen. Im Chat und per Mail hatten wir uns bereits rege miteinander unterhalten – dabei war es auch schon zu den ersten Anzüglichkeiten gekommen … -, so dass wir uns nicht mehr so ganz fremd waren, wie das bei einem Blind Date normalerweise der Fall ist. Auf der anderen Seite hatte sie sehr energisch darauf bestanden, dass unser erstes Treffen kein echtes Date werden sollte, sondern lediglich der Überprüfung diente, ob wir uns auch ganz direkt und hautnah sympathisch genug waren für ein eventuelles späteres Date. Passieren würde nichts beim ersten Treffen, das hatte sie betont. Deshalb fand es auch in der Öffentlichkeit statt, in einem Café, statt in einem etwas intimeren Rahmen. Es hätte ja nicht gleich ihre Wohnung sein müssen … Aber als Mann ist man ja froh, wenn bei solchen Privat Kontakten überhaupt mal ein Treffen dabei herauskommt, selbst wenn es nur ein unverbindliches ist und nicht mehr als die Chance auf ein späteres Date.

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Ich hatte schon auf jede Menge Kontaktanzeigen geschrieben, aber die meisten Kontakte waren über das Stadium von ein, zwei Mails nicht hinausgekommen. Einmal hatte sich eine echte Chat Freundschaft darauf entwickelt, bis hin zum Cybersex – aber als ich mehr und mehr auf ein Realtreffen drängte, war die Lady plötzlich wieder verschwunden. Deshalb war ich so froh, als dieses Girl sogar von selbst ein Treffen vorgeschlagen hatte, dass ich mich auf alles eingelassen hätte. Sie hätte jede Bedingung stellen können, und ich hätte sie akzeptiert. Ein Treffen in der Öffentlichkeit war ja auch wirklich nicht zu viel verlangt. Das bekommen die Frauen schließlich in allen Dating Ratgebern gesagt, dass sie sich beim ersten Mal mit einem Fremden höchstens in ein Café oder Restaurant begeben sollen, dass sie den Unbekannten nicht gleich in ihre Bude lassen und schon gar nicht in seine Wohnung gehen. Und kein Sex beim ersten date, das wird, glaube ich, in diesen Dating Ratgebern auch immer gepredigt.

Von daher – das war alles schon ganz okay mit der Verabredung. Aber was, wenn sie mich jetzt doch versetzte? Offensichtlich war sie ja noch nicht da. Es gab nur zwei Frauen in dem nicht sehr gefüllten Raum, und die beiden saßen miteinander am Tisch, also kamen sie nicht in Frage. Dabei war es jetzt schon fünf Minuten über der Zeit, zu der wir verabredet waren. Ich hatte eigentlich überpünktlich sein wollen, aber eine Serie von roten Ampeln und der Parkplatzmangel hier in der Gegend hatten mir einen Strich durch die Rechnung gemacht, und so war ich ein wenig, wirklich nur geringfügig, zu spät. Auf die Gefahr hin, allein zu bleiben, suchte ich mir dennoch einen Tisch, wo ich mit dem Gesicht zum Eingang sitzen konnte, falls meine virtuelle Angebetete doch noch kommen sollte, und steuerte zielstrebig darauf zu. Dabei musste ich am Tisch der beiden Girls vorbei. Die zwei sahen mich forschend an. Ich versuchte, den Blick nicht zu erwidern; schließlich war ich hier ja mit einer anderen verabredet! Doch plötzlich sagte eine von ihnen fragend: „Arne?“ Da musste ich mich nun doch dem Tisch zuwenden, denn das ist mein Vorname. Zugegeben kein ganz seltener, aber so häufig ist er nun auch nicht, dass ich davon ausgehen konnte, es seien gerade noch fünf andere Arnes anwesend und gemeint. „Ja?„, entgegnete ich fragend und nutzte die Gelegenheit, die beiden Frauen genauer zu betrachten. Sie gaben ein hübsches Pärchen ab; die eine war blond und drall, die andere brünett und schlank. Da ich anders als die meisten anderen Männer keinen bestimmten Frauentyp habe, auf den ich abfahre, sondern jede Frau ganz individuell zu würdigen weiß, gefielen mir beide ausgesprochen gut, und ich bedauerte es sehr, nicht mit einer von ihnen verabredet zu sein statt mit der sich ersichtlich verspätenden Unbekannten.

Doch halt mal – woher wussten die zwei denn meinen Namen? Ich jedenfalls hatte sie zuvor noch nie gesehen; wir waren also garantiert keine alten Bekannten. Das konnte doch eigentlich nur bedeuten, dass … „Sandra?„, erkundigte ich mich ungläubig und sah von einer zur anderen. Sandra war die Lady von der Kontaktanzeige, mit der ich verabredet war. Und eine von diesen beiden also war Sandra? Aber welche? „Ich bin Sandra„, erklärte nun die dralle Blonde lachend. Auch die zierliche Brünette kicherte amüsiert. Es schien den beiden sehr zu gefallen, wie ich da völlig verwirrt vor ihnen stand. „Ja aber …„, begann ich, da fiel mir Sandra ins Wort: „Das ist meine Freundin Iris. Ich habe mich nicht getraut, so allein als Frau. Ich meine, du könntest ja immerhin ein Sexualstraftäter sein oder so was.“ Erneut kicherten die beiden. Ein Kompliment war das für mich ja nicht gerade, dass Sandra geglaubt hatte, sich weibliche Unterstützung mitbringen zu müssen. Hatte ich so gefährlich gewirkt per Mail und in den Chats? Ich gebe zu, ich war auch ein bisschen beleidigt. Schließlich hatten wir beide uns näher kennenlernen sollen. Mit dem Treffen im Café war das schon reichlich zweifelhaft, und mit ihrer Freundin neben dran war es nun völlig ausgeschlossen. Da hätte man sich die Verabredung besser ganz schenken sollen. Ich war kurz davor, mit einer bösen Bemerkung den Tisch und das Café gleich mit zu verlassen. „Willst du dich nicht setzen?„, fragte da Iris versöhnlich. „Und sei nicht sauer, dass ich mitgekommen bin„, ergänzte sie. „Ihr müsst nur ein Wort sagen und ich bin verschwunden.“ „Du meinst ich muss nur ein Wort sagen„, korrigierte Sandra sie mit hochgezogenen Augenbrauen. „Sonst wäre das Ganze ja ziemlich witzlos, wenn er dich einfach so wegschicken könnte.

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Ich musste einsehen, ich hatte keine Chance, Sandra alleine zu bekommen. So unrecht war mir das aber mittlerweile auch gar nicht mehr, denn Iris gefiel mir eigentlich auch ganz gut. Genaugenommen sogar fast noch besser als Sandra. Das lag nicht so sehr am Aussehen, das für mich keine so große Rolle dabei spielt, ob ich eine Frau reizvoll finde oder nicht, sondern eher an ihrer Art. Sie schien weit mehr Verständnis für die Problematik meiner Situation zu haben als Sandra. Das gab letztlich den Ausschlag, dass ich mich doch zu den beiden an den Tisch setzte, statt beleidigt wieder abzurauschen. Okay, wenn man schon einmal eine solche Chance hat, die Frau, die eine Kontaktanzeige aufgegeben hat, auf die man ein Mail als Antwort sandte, bei einem Treffen näher kennenzulernen, dann sollte man auch nicht kleinlich sein.

Ich bestellte mir einen Kaffee. Die beiden Damen hatten sich schon mit irgendeinem italienischen Schaumzeug versorgt; ob nun Café Latte oder Latte Macchiato oder Capuccino, was weiß denn ich. Sandra schlürfte gerade gierig den Schaum vom Löffel und leckte die Metallfläche mit ihrer süßen rosa Zunge blitzblank. Dann streckte und dehnte sie sich am Tisch, als ob sie zu Hause im Bett liegen würde, und zeigte dabei unverblümt reichlich pralle Titten in einer fast durchsichtigen weißen Bluse. Einen BH trug sie darunter sichtlich nicht. Die prallen runden Dinger schimmerten durch den Stoff hindurch, und man musste nur eine kleine Distanz überwinden, um die Hand darauf legen zu können … Ich atmete schneller, zwang mich aber wieder zur Ruhe. Sandra legte es ganz offensichtlich ja geradezu darauf an, mich zu verführen; gerade deshalb durfte ich das nicht geschehen lassen. Zumindest nicht willenlos.

Wieso hast du eigentlich auf meine Kontaktanzeige geantwortet?„, fragte Sandra mich dann unvermittelt. Ich runzelte die Stirn. „Das habe ich dir doch schon im Chat erklärt„, entgegnete ich. „Deine Anzeige hat mir einfach gefallen.“ Das hatte sie in der Tat; und beim Chatten hatte ich mich im privaten Chatroom mit Sandra auch sehr wohl gefühlt. So wie sie sich momentan benahm allerdings konnte sie mich nicht vom Hocker reißen. Okay, sie war ein echt geiles Stück mit ihren großen Möpsen, und sie sah aus, als kenne sie beim Sex nur wenig Hemmungen. Wenn es mir nur ums Poppen gegangen wäre, gut. Da war mein kleiner Mann in der Hose schon mächtig interessiert, wenn ich ihn richtig verstand. Aber ich suchte schließlich eine feste Beziehung. So wie Sandra auch. Laut Kontaktanzeige. Irgendwie passte das alles nicht zusammen. Sandra wirkte mir eher wie eine freche blonde versaute Schlampe, die auf erotische Abenteuer aus war; nicht mehr, und nicht weniger. Und sie erschien mir garantiert nicht wie ein Girl, das beim Blind Date die Hilfe einer Freundin brauchte. Iris hingegen, zurückhaltend, verständnisvoll, wirkte schon eher wie eine junge Frau, die auf Partnersuche ist statt auf Abenteuersuche. Und schüchtern genug erschien sie mir auch, beim ersten Treffen eine weibliche Begleitung als Unterstützung zu benötigen. Mir kam ein Verdacht.

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Sagt mal, ihr beiden„, begann ich wie ein Oberlehrer, der zwei Schülerinnen beim Schummeln ertappt hat, „kann es sein, dass die Kontaktanzeige gar nicht von Sandra ist, sondern von Iris?“ „Klasse, er hat es gemerkt„, rief Sandra aus und klatschte gespielt Beifall ob meiner detektivischen Fähigkeiten. Iris hingegen sah einfach nur ziemlich unglücklich drein. „Ja„, gab sie leise zu, „die Kontaktanzeige ist von mir. Ich hab mich nicht getraut, meinen eigenen Namen zu verwenden, da hab ich den von Sandra genommen. Deshalb musste sie ja nun auch zum Treffen mit.“ Was für ein Unsinn! Iris hätte ihren – übrigens ausgesprochen miesen! – Trick ja nur aufklären müssen, und schon wäre alles in Ordnung gewesen, sie hätte allein zum Treffen kommen können. Dass man als Frau, wenn man eine Kontaktanzeige aufgibt, einen fremden Namen wählt, schien mir verzeihlich. Daraus ein solches Versteckspiel zu machen nicht.

Mehr und mehr kam ich mir von den zwei Weibern verarscht vor. Ich ließ mich doch von den beiden Häschen hier nicht an der Nase herumführen! Und am Schwanz schon gar nicht! Irgendwie musste ich es schaffen, die Oberhand zu gewinnen über diese beiden Ladys, die verspielt-aufreizende und die schüchtern-verlogene. Irgendetwas hatten die beiden sich ja dabei gedacht, mich erstens hierher zu bestellen, und zweitens gemeinsam zu kommen. Vielleicht konnte ich das zu meinem Vorteil ausnutzen. Wer sagte denn, dass ich nicht beides hier finden konnte, an diesem Tisch, ein Sexabenteuer und eine feste Beziehung? Zumindest solange die feste Beziehung höchstens mal am Werden war, konnte ja von Fremdgehen und Betrügen noch keine Rede sein; da waren auch Sexabenteuer erlaubt. Und Sandra schien alles andere als abgeneigt zu sein. Wer weiß – womöglich konnte etwas daraus werden.

Meine Position war gar nicht so schlecht; Sandras interessierte Blicke bewiesen mir, es hatte ihr gefallen, wie ich ihre kleine Lüge aufgedeckt hatte. Noch ungenierter provozierte sie mich jetzt mit ihren riesigen Brüsten, legte wie zufällig eine Hand darauf, die kleine Kreise zog. Und ich wette, der Schuh, der unter dem Tisch auf meinen gestoßen war und sofort nachkam, als ich meinen zurückzog, um mich mit einem kleinen Stupsen herauszufordern, das war auch Sandras. Iris wiederum war inzwischen so zerknirscht und reumütig, die würde bestimmt alles tun, was ich von ihr verlangte. Sogar ihre Freundin wegschicken. Mittlerweile jedoch hatte ich gar nichts mehr dagegen, bei den beiden Süßen der Hahn im Korb zu sein. Ich musste es ihnen nur deutlich machen, dass man mit mir nicht spielen konnte. Dazu musste ich allerdings etwas riskieren; wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ich kramte aus meiner Brusttasche zwei Visitenkarten hervor, die ich sicherheitshalber eingesteckt hatte. Ein kleines Papierstück hinlegen ist weit einfacher, als seine Adresse und Telefonnummer diktieren. Ich hielt die beiden Karten in der Hand, mischte sie, spielte damit. Fasziniert beobachteten sowohl Sandra, als auch Iris es. „Ich erkläre hiermit das Treffen im Café für gescheitert„, erklärte ich, als ich sah, ich hatte ihre volle Aufmerksamkeit. „So läuft das nicht. Ihr müsst schon mit offenen Karten spielen. Apropos Karten“ – mit diesen Worten platzierte ich je eine Visitenkarte vor jede der beiden Frauen auf den Tisch, neben ihren Schaumkaffee – „ich gebe euch die Gelegenheit dazu, eure Karten offen zu legen. Das ist meine Adresse. Dort werde ich jetzt auch hin verschwinden. Falls eine von euch Lust hat, den verkorksten Anfang auszubügeln – ich warte.“ Damit stand ich auf und ging. Schon unterwegs war ich wahnsinnig gespannt darauf, ob und wenn ja was nun geschehen würde.

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