Ich sitze wie auf glühenden Kohlen. Und die Zeiger der Uhr fachen das Feuer bei jedem Weiterrücken mehr und mehr an. Eine Woche lang habe ich jetzt jeden Abend als Strafe für mein Fremdgehen meine Hiebe mit der Reitgerte entgegengenommen, und wenn ich auch den Schwanzring nicht die ganze Zeit hindurch angelegt habe, wie Antje es zunächst angedroht hat, so trage ich ihn doch oft und lange. Und inzwischen macht es mir gar nichts mehr aus, daß Antje alleine den Schlüssel zu dem Teil hat.
Erstens habe ich stark die Demütigung überschätzt, die darin liegt, für eine Frau, die man mag, sich auf solche lächerlichen kleinen Spielchen einzulassen. Gut, ja; so ab und zu frage ich mich noch immer, was ich da eigentlich tue, werde manchmal schamrot dabei. Selbst in ihrer Gegenwart geschieht das. Hält aber immer nur solange, bis mich der nächsten Windstoß ihrer Wärme trifft. Oder der Erinnerung daran.
Und zweitens: Ich habe etwas ganz wesentliches über Antje herausgefunden. Wenn nicht eine Verkettung unglücklicher Umstände alles durcheinander bringt, wird sie mir den Ring immer früher abnehmen, als ich es selbst täte, wenn ich den Schlüssel hätte. Dumme Zufälle, dagegen kann niemand etwas tun. Die können auch mir passieren, wenn ich grundsätzlich völlig Herr meiner selbst und meines Schwanzschmucks bin. Aber das einmal außen vor, auf Antje kann ich mich verlassen.
Wenn das nicht wäre, ich würde langsam durchdrehen.
Morgen ist Samstag.
Und für morgen hat sie mir als Abschluß meiner Strafwoche eine ganz besondere Maßnahme angekündigt. Ohne auch nur die leiseste Andeutung zu machen, worum es sich dabei handeln wird.
Und ich schwanke zwischen Neugier, Aufregung, Erregung, und nackter Angst. Was ist, wenn sie meine Fähigkeiten überschätzt, etwas zu ertragen? Natürlich kann ich ihr das sagen. Sie wird morgen auf jeden Fall mit mir reden, bevor es an die Realisierung ihrer geheimnisvollen Pläne geht, da bin ich sicher. Aber es würde mich wurmen, wenn ich kneifen müßte, weil ich es nicht schaffen kann. Es würde mir tausendmal mehr ausmachen als ihr. So, wie ich sie kenne, wird sie mir einfach einen Kuß geben und sich etwas anderes überlegen. Doch mich würd’s ärgern.
Aber halt, was sollen eigentliche diese ganzen dummen Gedanken? Bisher hat Antje mich noch mit keiner Maßnahme wirklich überfordert, auch wenn ich das manchmal mitten in der Situation brüllend gefürchtet habe. Warum sollte das morgen anders sein?
Klar – etwas mehr zur Sache wird’s schon gehen. Ist ja schließlich eine echte Strafe. Der furiose Abschluß des vorbereitenden Geplänkels der letzten Tage.
Ach was – ich werde jetzt einfach nicht weiter darüber nachdenken.
Bloß, dieses Prickeln wie von Kohlensäurebläschen im Blut, dieses Heben und Senken in der Magengrube, es hört und hört nicht auf.
Zum Glück habe ich mehr als genug Ablenkung. Nach einem weiteren kleinen Absturz hat unser Chef mir endlich erlaubt, wenigstens eine teilweise Reorganisation des Firmennetzes vorzunehmen. Ich bin von allen anderen Aufgaben befreit und grübele darüber, wie man instabiles Chaos mit kleinen Tricks soweit abstützen kann, daß es noch eine Weile rund läuft. Flickwerk; aber was hilft es denn. Mehr wird hier auf Jahre hinaus nicht möglich sein, so wie ich den Laden kenne.
Und unser kleiner Netzwerker darf in der Zeit ein wenig für mich programmieren. Zuerst habe ich mich darüber amüsiert. Wenn er seine eigene Arbeit nicht ordentlich machen kann, muß er sich nicht wundern, daß er eine andere zugewiesen bekommt. Aber er kommt alle fünf Minuten und nervt mich mit Fragen. Dann kann ich ja gleich alles selbst machen, was er mir abnehmen soll. Gibt es eigentlich gar nichts, wovon der Typ eine Ahnung hat?
Da ist er schon wieder. Jetzt reicht es mir. Ich lasse ihn erst seine Frage stellen. „So, mein lieber Uwe,“ sage ich dann, „du wirst jetzt sofort die Finger von meinem Rechner lassen, und von meinen Dateien. Hol dir beim Chef einen anderen Auftrag, oder surf im Internet, oder geh nach Hause, oder was auch immer. Auf jeden Fall wirst du mich ab sofort in Ruhe meine Arbeit tun lassen, die ja eigentlich deine wäre. Hast du mich verstanden?“
Pikiert sieht er mich an. Die Kollegen in der Nähe horchen auf, freuen sich schon auf eine Auseinandersetzung. Aber Uwe verzieht sich ohne ein Wort.
Fünf Minuten später steht der Chef neben mir. Aha, hat er also gepetzt, der kleine Uwe! Na warte, das zahle ich dir heim!
„Herr Hallinger,“ beginnt er, „Herr Paulus hat mir gerade erzählt, daß Sie ihm verboten haben, an ihrem Rechner die Arbeiten zu erledigen, die ich ihm aufgetragen hatte. Was soll ich denn davon halten?“
Oh, wie zahm! Sonst ist er meistens erheblich giftiger.
„Herr von Delten,“ erwidere ich, „Herr Paulus braucht bei der Arbeit, die Sie ihm zugewiesen haben, meine Unterstützung. Momentan kann ich die jedoch nicht leisten, sonst komme ich bei der Netzwerkreorganisation nicht voran. Deshalb halte ich es für das beste, wenn Herr Paulus sich etwas anderes sucht.“
So! War das jetzt deutlich genug, ohne Uwe allzu sehr in die Pfanne zu hauen? Mit ihm selbst werde ich nachher noch ein Hühnchen rupfen, aber der Chef muß das ja nicht mitkriegen.
Wieder recken sich die Hälse ringsherum. Alles wartet auf die Explosion. Von Delten hat heute schon mehrere Leute zusammengeschissen, und ich kann bereits die hämische Freude darüber aufblitzen sehen, daß ich gleich der nächste sein werde.
Er nickt. „Ist gut,“ sagt er. Und geht.
Nun ist es an mir, hämisch zu grinsen.
Und endlich kann ich in Ruhe arbeiten.
Bis man mich am späten Nachmittag ans Telefon holt.
Schon bevor er sich meldet, vermute ich, daß es Alexander ist. „Hat Antje dir erzählt, daß sie gestern Abend bei mir war?“ fragt er.
Nein, hat sie nicht. Sie wird wissen, warum. Schließlich habe ich ihr auch gerade erst gebeichtet, daß ich Alexander zwischendurch ein paar Male getroffen habe. So locker, wie sie das aufgenommen hat, hätte ich es auch vorher tun können – aber das wußte ich ja nicht.
Plötzlich wird mir kalt, und ich weiß ganz genau, was sie für morgen plant.
„Kann es sein, daß wir morgen alle beide mit dir verabredet sind?“ will ich wissen und wundere mich, daß meine Stimme so laut und klar ist. Ginge es nach meiner Verfassung, käme nicht mehr aus meinem Mund als ein dünnes Piepsen.
„Falls du vorher noch einmal mit mir reden möchtest, kannst du heute Abend gerne in meiner Wohnung vorbeikommen,“ bemerkt Alexander, ohne direkt zu antworten. Also ist es tatsächlich das, was Antje sich überlegt hat – sie wird es Alexander überlassen, den Abschluß der Strafe auszuteilen. Wird mich Alexander überlassen.
Ich muß schlucken. „Wird Antje dabei sein?“ „Selbstverständlich,“ entgegnet Alexander. „Und sie hat das Recht, jederzeit einzugreifen. Sie hat die Fäden in der Hand.“
Das beruhigt mich. Nicht, daß ich Alexander mißtraue; ganz im Gegenteil. Aber wenn ich davon träume, etwas mit ihm anzufangen, oder vielmehr von ihm etwas anfangen zu lassen, dann nur so, daß Antje dabei ist. Ohne sie, dann verzichte ich lieber auf Alexander. Sie ist mir so viel wichtiger.
Wenn es speziell um Strafmaßnahmen geht, das wird hart, wenn Alexander den dominanten Part übernimmt. Das weiß ich, ohne daß wir je darüber geredet haben, was er mag im erotischen Spiel. Ob ich schon so weit bin, das ohne Hilfe zu ertragen, weiß ich nicht. Für Antje allerdings, und mit ihrer Unterstützung, werde ich es durchstehen.
Ich danke Alexander für seine Rücksichtnahme. Aber das Gespräch am Abend lehne ich ab; ich brauche es nicht. Was ich brauche, ist nur die Gewißheit, daß Antje in der Nähe ist.
Nun weiß ich, was mir morgen bevorsteht. Auf der einen Seite stimmt mich das ruhiger. Auf der anderen fängt das große Zittern jetzt erst richtig an.
Und dann gibt es noch eine dritte Seite – das amüsierte Grinsen, daß Antje zu diesem Trick greift, um endlich das zu ermöglichen, was schon seit einiger Zeit in der Luft liegt: Eine kleine ménage à trois. Geschickt, geschickt; offen fürchtet sie, nicht zum Ziel zu kommen, also wählt sie den Umweg über eine mir zugedachte Strafe.
Na, wenn mich nicht alles täuscht, werde ich morgen nicht der einzige sein, dem Alexander sich widmet. Bestimmt wird sie darauf bestehen, auch einen Teil abzubekommen. Wie die beiden das allerdings regeln wollen, wo sie doch beide dominant sind, ist mir schleierhaft.
Ich werde es erleben. Und es wird mir ein unendliches Vergnügen sein, Antje gleich zwei Wünsche auf einmal erfüllen zu helfen!