Nachdem Antje heute für das Gespräch mit Bernd bei Alexander ist, habe ich ganz unvermittelt einen freien Abend. Zuerst komme ich mir ein bißchen verloren vor, als ich nach Feierabend in ihre Wohnung fahre.
Damit sie sich freut, wenn sie nachher auftaucht, räume ich erstmal ein wenig auf. Dann telefoniere ich mit ein paar Freunden, die in der letzten Zeit wegen Antje ein wenig zu kurz gekommen sind.
Beim Blättern in meinem kleinen Adreßbuch fällt mein Blick plötzlich auf Namen und Nummer von Charly. Wir haben ewig nichts mehr voneinander gehört. Wie es ihm wohl geht?
Mensch, fast drei Jahre ist das jetzt her, daß er mich in die Freuden der griechischen Liebe eingeführt hat, wie er es nannte. Ich mache mir nichts vor – für Charly war ich nicht mehr als ein Lustknabe. Mindestens 50 war er damals; sein genaues Alter hat er mir nie verraten. Bei einer solchen Differenz fiel es ihm leicht, mich nicht ernst zu nehmen. Hat ganz schön wehgetan, manchmal.
Ich weiß noch, als ich bei ihm eingezogen bin. Eigentlich war es nur für ein paar Tage gedacht, weil meine neue Wohnung noch nicht fertig war. Ganz großzügig hat Charly mir angeboten, so lange bei ihm zu bleiben. Wohl war mir ja nicht dabei; schließlich war er mein direkter Vorgesetzter. Bloß, es blieb mir nichts anderes übrig, wenn ich nicht ins Hotel wollte. Katrin, ja, zu der Zeit war ich mit Katrin zusammen, sie hätte mich liebend gerne bei sich in der Wohnung gehabt, aber da habe ich lieber dankend abgelehnt.
Zwei Tage lang hat Charly sich in seiner Wohnung nicht blicken lassen. Am dritten abends stand er dann auf einmal im Zimmer, hat sich zu mir aufs Bett gesetzt. Wie selbstverständlich hat er die Decke weggezogen und meinen Bauch gestreichelt. Und dann sein Lachen, als er die Reaktion sah. Er hat es auf sich bezogen; dabei war ich bloß am Wichsen, bevor er reinkam. Ein bißchen härter wurde mein Schwanz allerdings schon durch ihn, das muß ich zugeben. Er wirkte so kühl und unnahbar, und nun plötzlich seine Hände auf mir – das war überwältigend.
Ich traute mich nicht, ihn auch anzufassen; bis er meine Hand an seinen Hosenstall geführt hat, sich stöhnend dagegenpreßte. „Komm,“ hat er irgendwann nur gesagt, mich in sein Schlafzimmer geführt. Ich mußte mich vorbeugen, an der Fensterbank abstützen. Ziemlich grob hat er meine Arschbacken geteilt, an der Rosette rumgemacht. Trotzdem war’s angenehm. Bis er sich eine Dose geholt hat mit einem gräßlich schmierigen Zeug; Vaseline wahrscheinlich. Mir wurde ganz anders, aber mich rühren, weglaufen konnte ich nicht.
Kurz darauf war sein Finger in mir drin. Es war unangenehm ungewohnt, und tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, was alles passieren könnte; alles überlagert von verkrampfter Angst. Trotzdem begann es nach einer Weile, mir sogar ganz gut zu gefallen, und die ersten Ströme liefen von der Spitze seines Fingers aus zu meiner Eichel. Es tat gut.
Doch dann zog er seinen Finger zurück, hastig, als ob ihm urplötzlich etwas eingefallen wäre, und rammte mir seinen gummierten Pimmel in den Arsch. Ich habe geschrien wie am Spieß, es war so furchtbar. Ein paar wilde Stöße, daß ich dachte, er bricht mir das Rückgrat, ein tiefes Stöhnen von ihm, und alles war vorbei. Wie ein kleines unartiges Kind hat er mich auf mein Zimmer geschickt.
Ich habe geheult wie ein Schloßhund. Stunden später kam die Erregung, und ich habe mir dreimal hintereinander einen runtergeholt.
Am nächsten Morgen hat Charly sich bei mir entschuldigt. Er sei einfach so wahnsinnig geil auf mich gewesen, er hätte sich nicht zurückhalten können.
Danach wurde es besser. Jeden Abend hat er mich rangenommen, mir erst einen Einlauf gemacht, dabei meinen Bauch massiert, mich in der Badewanne eingeseift, abgetrocknet, ganz vorsichtig mit den Fingern vorgetastet, bis er schließlich wieder in mich eingedrungen ist. Sehr langsam.
Lange gedauert hat es nie; Charly hatte immer innerhalb kürzester Zeit einen Abgang. Ab der dritten Woche hat er sich auch dazu herabzulassen, an mir herumzuspielen, während er sich in mir vergnügte. Es reichte nie zum Abspritzen; das habe ich immer nachher alleine in meinem Zimmer erledigt.
Eigentlich war es nicht besonders angenehm. Trotzdem bin ich zu der Zeit konstant mit einem Ständer in der Hose rumgelaufen. Es hat mich unglaublich erregt. Nicht das eigentliche poppen, aber der Gedanke daran.
Tja, und nach viereinhalb Monaten hat er mich von einem Tag auf den anderen auf die Straße gesetzt und ich mußte doch ins Hotel, bis ich eine neue Wohnung gefunden hatte. Die andere war längst weg.
Zwei Wochen später hat er in der Firma gekündigt. Jetzt schreibt er EDV-Fachbücher und Artikel. Kann ganz gut davon leben, sagt er.
Völlig unvermittelt kam ein halbes Jahr danach ein Anruf von ihm; er wollte wissen, wie es mir geht. Erst habe ich gedacht, du blödes Arschloch, mich benutzen und wegwerfen und dann so unschuldig tun; war furchtbar einsilbig. Bis er mir erklärt hat, daß er mich wirklich mag. Und ich deshalb für ihn als Sexpartner auch nicht mehr in Frage gekommen wäre. Irgendwie krank im Hirn, der Typ.
Aber ein faszinierender Mensch. Und er hatte mich total in seinem Bann. Wenn er nicht von selbst auf Gummi bestanden hätte, mir wäre das völlig egal gewesen. Obwohl ich sonst immer darauf achte; Antje ist die erste Frau, bei der ich es gewagt habe, auf die Pariser zu verzichten. Na, passiert ist zum Glück nichts; mein Aidstest nachher war negativ.
Jedenfalls, ich war ihm genaugenommen sogar dankbar dafür, daß er das Ganze so hopplahopp beendet hat.
Seitdem telefonieren wir ab und zu, ein paar Mal im Jahr. Zuletzt zu Ostern. Wird wirklich Zeit, daß ich mich wieder einmal bei ihm melde.
Unter der alten Nummer erreiche ich einen völlig fremden Menschen. Der mir berichtet, daß Charly vor einigen Monaten Knall auf Fall umgezogen ist. Wohin, weiß er nicht. Beim Nachnamen Kramer habe ich auch keine Chance, den neuen Anschluß von Charly über die Auskunft oder das Internet herauszufinden.
Es hinterläßt ein seltsam stechendes, leeres Gefühl, daß die Verbindung zu ihm damit auf einmal gekappt ist. Trifft mich irgendwie.
Scheiße, ich muß mich ablenken; ich will Antje nicht mit diesem Mist aus der Vergangenheit belasten. Schnell fahre ich in meine Wohnung, greife mir die Sportklamotten und gehe joggen; seit Monaten endlich wieder einmal.
Nachher bin ich völlig fertig, habe Seitenstechen. War wohl keine so gute Idee, es gleich derart zu übertreiben.
Immerhin bin ich über den ersten Schock weg. Inzwischen ist es auch so spät geworden, Antje kann jeden Moment kommen.
Ich wünsche sie so sehr herbei, wie ich es mir nie habe vorstellen können, mich nach einem anderen Menschen zu sehnen. Und auf einmal schäme ich mich grenzenlos für die Sache mit Charly; so schäbig, so gefühllos. Vielleicht ist es ganz gut, daß wir den Kontakt verloren haben. Charly ist Vergangenheit, und Schluß.
Ein ganz bestimmtes, unverkennbares Motorengeräusch draußen läßt mich aufhorchen. Antje! Am Fenster sehe ich zu, wie sie aussteigt. Mein Mund wird trocken, und die Zeit, bis sie endlich oben sein wird, erscheint mir viel zu lange. Ich renne zur Tür.