Dieser verdammte Handwerker, warum kam der einfach nicht? Offensichtlich war wirklich etwas dran an dem Vorurteil, dass Handwerker extrem zuverlässig sind. Oder dass zumindest viele es sein können. Morgens um acht pünktlich hatte er da sein wollen, das hatte er ihr fest versprochen gehabt. Und es war wirklich ein Notfall; in der Küche war das Ventil am Heizkörper defekt. Mit der Folge, dass nicht etwa die Heizung ausgestellt war und sich nicht mehr anstellen ließ; das hätte sie mit einem warmen Pulli oder einer Strickjacke zusätzlich ja gut überstehen können, sondern dass die Heizung im Gegenteil auf vollen Touren lief und nicht mehr ausgestellt oder auch nur kleiner zu drehen war, und das jetzt, kurz vor Frühlingsanfang, wo es draußen immer wärmer wurde und man zum Teil sogar schon recht gut auf die Heizung ganz verzichten konnte, wenigstens tagsüber. Und zumal in der Küche. Doch stattdessen kochte die Heizung dort geradezu und war so heiß, man hätte ohne weiteres Spiegeleier auf ihr braten können. Angefangen hatte das – natürlich, so ist es ja immer – am Freitagabend, als ihr normaler Installateur schon ins Wochenende gegangen war, und die Mehrkosten für einen Heizungsnotdienst über das Wochenende wollte sie nicht bezahlen. Das heißt, sie hätte das schon gerne bezahlt, aber das wollte ihr Mann nicht. Der von Do-it-yourself auch nicht genügend hielt, um mal eben schnell in den Baumarkt zu fahren, ein neues Ventil zu kaufen und es auszuwechseln. Und sie als Hausfrau hatte natürlich keine Ahnung von solchen Sachen und kein eigenes Geld, auch wenn sie mindestens ebenso hart und lange arbeitete wie ihr Mann – nur eben im Haushalt und nicht im Büro, und mit lediglich einem Etat, dem Haushaltsgeld, nicht für ein festes Gehalt. Ohne Zustimmung ihres Mannes durfte sie lediglich über ihr knapp bemessenes Haushaltsgeld verfügen, und das hätte einen solchen Noteinsatz nie und nimmer abgedeckt. Deshalb hatte die Heizung das gesamte Wochenende über die Küche in eine Sauna verwandelt. Und als sie am Montag gleich am frühen Morgen beim Handwerker angerufen hatte, hatte der nicht einmal am gleichen Tag Zeit gehabt, sondern sie auf den Dienstag vertröstet, und dann war am Montag noch die Sonne herausgekommen und es war alles noch schlimmer geworden. Man konnte es in der Küche kaum noch aushalten, die heiße Luft nahm einem den Atem. So hatte sie am Wochenende nur bei weit offenem Fenster kochen können und hatte trotzdem mächtig geschwitzt.
Und jetzt, am Dienstagmorgen, musste sie dringend Kekse für das Vereinsfest ihrer Tochter backen, das am Abend war. Sie hatte gehofft, der Installateur käme sofort um acht, würde ihr schnell ein neues Ventil einbauen – eine große Sache war das sicherlich nicht -, und sie könne dann im in einem immer mehr abkühlenden Raum das Backen beginnen. Doch nun war es bereits zehn Uhr, vom Handwerker war noch nichts zu sehen, und die Heizung bollerte noch immer gewaltig vor sich hin. Langsam lief ihr die Zeit davon. Inzwischen hat man es ja anerkannt, dass Hausfrau sein ein durchaus anstrengender Beruf ist. Eine solche Hausfrau ist genau das, was man sie neudeutsch als moderner, aufgeschlossener Mensch nennen muss, eine Familienmanagerin. Sie hatte ihre Pflichten, und sie hatte dabei einen strengen Zeitplan einzuhalten. Wenn sie nicht bald mit dem Backen anfing, dann schaffte sie es nicht mehr, alles zu managen. Noch einmal rief sie in der Installationsfirma an, doch die Sekretärin dort teilte ihr wieder nur mit, der Handwerker sei unterwegs, und mehr könne sie ihr nicht sagen. Todesmutig begab sie sich also in die überhitzte Küche, um die Wartezeit nutzbringend zu überbrücken. Sie bereitete den Teig vor, was schnell geschehen war, und heizte gleichzeitig den Backofen vor. Das steigerte die Hitze noch. Es dröhnte ihr in den Ohren und flimmerte ihr vor den Augen; ihr war so heiß, dass sie dachte, sie müsse ohnmächtig werden. Sie hatte das Fenster geöffnet, doch das brachte angesichts der lauen Temperaturen draußen keinen großen Erfolg. Sie schwitzte, dass ihr die Brühe nur so die Haut herunter lief und ihre Kleidung – keine Hausfrauen-Schürze, wie man sie früher als Hausfrau beim Arbeiten über einem mehr oder weniger schicken Kleid trug, sondern normale Jeans und ein T-Shirt, unter Verzicht auf jegliche Unterwäsche, damit es ihr nicht noch wärmer wurde – bald vollkommen durchnässt war.