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07. September 2009

Entflogen – versaute Hausfrauen

So langsam kam ich mir vor wie ein Klinkenputzer, ein Vertreter, der von Tür zu Tür geht und dabei in 90 % aller Fälle nicht nur Absagen erhält, sondern auch noch Unhöflichkeiten erlebt. Wäre es nicht so wichtig gewesen, ich hätte längst aufgegeben. Aber alle anderen Maßnahmen, die wir ergriffen hatten, Flugblätter, Anschläge an Laternenmasten und Litfaßsäulen in der Nähe, dringende Anfragen in Anzeigen den örtlichen Zeitungen und den Supermärkten, sogar mit einer versprochenen, recht hohen Belohnung, hatten nichts gebracht. Zu allen Leuten in der Straße zu gehen und sie zu fragen, ob sie nicht unseren entflogenen Nymphensittich gesehen hatten, erschien mir als die einzige Möglichkeit, die ich noch hatte, um unseren kleinen – nun ja, nicht ganz so kleinen – Piepmatz wiederzubekommen. Zu Hause herrschte dicke Luft, seit er entflogen war. Mein Mann hatte mir eine richtige Szene gemacht. So von wegen, da bin ich schon nur Hausfrau, und bringe nicht einmal das fertig, während er sich den ganzen Tag im Büro mit den schwierigsten Dingen herumschlagen muss etcetera etcetera …

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Die Kinder waren nur traurig, wenigstens ohne mir Vorwürfe zu machen, und der verbleibende Partner des Nymphensittich-Pärchens trauerte ebenfalls. Das war auch schon schlimm genug. Noch schlimmer fand ich aber wirklich das Verhalten meines Mannes. Klar, ich hatte einen Moment lang nicht aufgepasst, hatte die Schiebetür zum Garten geöffnet, ohne daran zu denken, dass unsere zahmen Nymphen gerade Freiflug hatten, und schon war das Männchen entwischt. Aber das hätte doch jedem passieren können! Allerdings war die Tatsache, dass ich mich geweigert hatte, bei drei Kindern und einem großen Haus noch weiter arbeiten zu gehen, sondern wirklich Nur-Hausfrau zu sein, stay-at-home mum, wie man in Englisch sagt, was irgendwie viel netter klingt, schon immer Anlass für jede Menge Auseinandersetzungen bei uns gewesen. Mein Mann sah es einfach nicht ein, dass ich mir da zu Hause einen „lustigen Lenz“ machte, wie er das nannte, während er sich im Büro abrackern musste. Jeder, der einmal drei Kinder und ein Haus versorgt hat, der weiß, das ist alles andere als ein Zuckerschlecken. Ich arbeitete bestimmt nicht weniger als mein Mann; nur tat ich eben andere Dinge. Die alle auch getan werden mussten. Sollte ich etwa arbeiten gehen, nur um von meinem Gehalt dann eine Zugehfrau und ein Kindermädchen bezahlen zu können, um genau diese Arbeit zu erledigen, die ich jetzt tat? Viel mehr als die Kosten für solche Haushaltshilfen hätte ich ohnehin nicht verdienen können, außerdem brachte mein Mann schon ein gutes Gehalt nach hause, wir brauchten da bestimmt kein zweites. Da schien es mir einfach in jeder Hinsicht praktischer, zu Hause zu bleiben. Doch das machte ihn irgendwie sauer.

Seit ich ihm diesen Entschluss vor ein paar Jahren verkündet hatte – vorher hatte ich wenigstens stundenweise noch gearbeitet, aber die ganze Hetze war mir dann irgendwann wirklich zu viel geworden, war es mit unserer Beziehung bergab gegangen. Am meisten merkte man das an unserem Sexleben. Davon war inzwischen schon so gut wie nichts mehr übrig. Höchstens einmal im Monat, wenn überhaupt, entschloss mein Mann sich mal dazu, mich auch erotisch zur Kenntnis zu nehmen. Oder vielmehr meine Muschi; denn etwas anderes brauchte er für die zwei Minuten ehelicher Sex nicht, und ich war mir auch ganz sicher, er dachte währenddessen an andere Frauen. Vielleicht an seine hübsche neue Sekretärin, die ich neulich kennengelernt hatte, als ich ihn in der Firma abholte. Oder eine Kollegin. Oder eine attraktive Nachbarin, von denen wir hier in der Gegend gleich mehrere hatten.

Und jede einzelne dieser Nachbarinnen war berufstätig, trotz Kindern. Wenn auch viele nur in Teilzeit. Aber immerhin, sie hatten einen Job, waren nicht nur Hausfrauen, und das hielt mein Mann mir vor. Das mit dem Sex störte mich nicht so sehr. Im Bett war mein Mann noch nie eine Kanone gewesen; wer weiß, wäre ich nicht schwanger geworden, ich hätte ihn vielleicht nie geheiratet. Natürlich fehlte mir die erfüllende Erotik – bloß, die hatte er mir ohnehin nie geben können. Und daran sieht man nun, wie viel ich wirklich zu tun hatte, auch wenn ich nur Hausfrau war – ich hatte mir diese Erotik auch noch nie anderswo gesucht. Und wenn ich den Sex auch noch so sehr vermisste, ich fiel abends immer so todmüde ins Bett, dass es höchstens für eine schnelle Selbstbefriedigung reichte, und tagsüber hatte ich erst recht weder Zeit, noch Gelegenheit für Hausfrauen Sex. Von dem hört man ja viel im Internet – aber lasst es euch gesagt sein: Eine echte Hausfrau ist viel zu beschäftigt für Hausfrauensex! Schon die Aufregung, die unser entflohener Sittich verursachte, die ganze Rennerei mit Flugblättern und Anzeigen, hatte bei mir im Haushalt alles durcheinandergebracht. Nichts lief mehr, wie es sollte, ich musste etliche Arbeiten liegen lassen – aber mein Mann und die Kinder merkten das nicht einmal! Das ist das Undankbare an der Arbeit einer Hausfrau – keiner weiß sie zu würdigen. Weder die Tatsache, dass auch Hausfrauen echte Arbeit leisten, noch das Ergebnis ihrer Arbeit. Man kommt sich da manchmal echt vor wie Sisyphus, und einen Stein immer wieder den Berg hoch rollen, ist womöglich noch sinnvoller als Hausarbeit.

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Ja, und als dann alles nichts half und sich unser Nymphensittich einfach nicht wieder einfinden wollte, als sich niemand auf unsere Aktionen hin meldete, da hatte ich beschlossen, ich gehe jetzt einfach mal bei uns in der Straße und in den Nachbarstraßen herum, klingele bei jedem und frage ihn, ob er unseren Leo nicht gesehen hat. Wer weiß, womöglich war er jemandem zugeflogen, der von unseren Flugblättern und Anzeigen gar nichts mitbekommen hatte und vielleicht sogar froh war, den zugeflogenen Vogel wieder loszuwerden. Was für ein Zeitaufwand! Aber Leo musste einfach wieder her; schon für seine Gefährtin Nina. Unsere beiden Vögel waren nämlich ein wirklich liebendes Paar, ganz im Gegensatz zu meinem Mann und mir. Ich musste Nina ihren geliebten Partner wiederbeschaffen, unbedingt! Deshalb nahm ich das alles in Kauf, die Lauferei, die Vernachlässigung meiner Hausarbeit, und die ganzen Reaktionen, auf die ich bei meinen endlosen Gängen stieß. Gesehen hatte ohnehin keiner etwas; aber die meisten ließen es nicht genug sein, mir das zu erklären, sondern gaben auch noch ungefragte Ratschläge, dass ich einfach hätte besser aufpassen müssen. Manch eine von den berufstätigen Müttern meinte missbilligend auch etwas in der Art von wegen, auch noch Vögel zu halten, das könnten sie sich bei ihrer Überlastung gar nicht leisten und so etwas.

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28. August 2009

Die 69er Generation – reife Hausfrauen

Als Hausfrau freut man sich ja über jede Abwechslung. Und wenn sich dann sozusagen Besuch von früher ansagt, also jemand, mit dem zusammen man zur Schule gegangen ist, dann ist die Freude umso größer. Sie hatte schon Jahre, nein, Jahrzehnte nichts mehr von Nils gehört, der damals an der Schule und auch später beim Studium der umschwärmte Liebling aller Girls gewesen war. Ja, auch sie war in ihn verknallt gewesen. Und auch sie war in den Genuss seiner wirklich beachtlichen erotischen Künste gekommen. Während die meisten anderen jungen Männer genug damit zu tun hatten, das Vögeln zu lernen, und dabei nicht unbedingt mit großen Fortschritten prahlen konnten, beherrschte er längst die Kunst des Oralsex.

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Für die damalige Zeit unerhört; die damalige Zeit: 1968; damals, als die sexuelle Revolution in Deutschland erst anfing. Die meisten ihrer Generation hielten Zungenküsse bereits für gewagt, aber Nils setzte seine Zunge an ganz anderen Stellen ein. Besonders gerne zwischen den Beinen einer Frau. Es war für sie ein derart intensives Erlebnis gewesen, dass sie es nie vergessen hatte. Später hatte nie wieder jemand so geschickt ihre Muschi geleckt wie damals Nils. Das konnte sie mit Fug und Recht behaupten, obwohl sie dann doch noch in den vollen Genuss der Sex Revolution gekommen und ihren Anteil an Sexabenteuern erlebt hatte. Später war der Oralsex dann auch fast normal gewesen; bei gutem Sex war er eigentlich regelmäßig einbegriffen, und guter Sex war etwas, was jeder vom Leben erwartete. Trotzdem war es nie wieder so gut geworden wie damals mit Nils. Wobei sie sich durchaus einbildete, dass sie mit ihrer Zunge im Laufe der Zeit erheblich geschickter worden war. Ihr erster Blowjob, bei Nils, war nicht so der große Erfolg gewesen. Sie hatte keine Ahnung gehabt, was sie mit dem riesigen, samtigen Stab in ihrem Mund anfangen sollte. Aber Nils hatte es ihr erklärt, wie die Männer es beim Schwanz Blasen gerne haben, und sie hatte schnell dazugelernt. Bevor sie mit 26 ihren jetzigen Mann getroffen hatte, hatte sie die Kunst der Fellatio bereits vervollkommnet; und ihr Mann hatte das immer sehr genossen. Wobei er nicht ganz so schnell dabei war, wenn es um die passende Revanche ging, das Muschilecken. Er ermüdete dabei sehr schnell, und so hatte sie es sich irgendwann abgewöhnt, es zu initiieren oder darum zu bitten. Und ihre allerliebste Sexstellung, die 69er Stellung, war dann so gut wie gar nicht mehr vorgekommen. Obwohl es ja zu ihnen beiden als 68ern irgendwie schon gut gepasst hätte …

Überhaupt war der Sex in ihrer Ehe mit der Zeit immer schlechter geworden. Aber nun, das war normal; Ähnliches konnte sie bei allen Paaren aus ihrer Bekanntschaft beobachten, und so bedauerte sie es zwar, hatte aber jetzt nicht unbedingt das Gefühl, sie würde etwas versäumen. Vermissen, ja, das schon; aber das Leben spielte nun einmal nicht immer so mit, wie man das sich wünschte. Besser ohne guten Sex leben als ganz ohne Partner, hatte sie sich immer getröstet. Immerhin hatte ihre Ehe anders als viele andere gehalten. Anscheinend war die 68er Generation, der sie entstammte, nicht dafür geschaffen, wie die Älteren bei nur einem Partner ein Leben lang auszuharren. Doch ihr Mann war bei ihr geblieben; bis zum Schluss, bis er mit 54 an einem Herzinfarkt gestorben war. Nicht dass es da nicht ab und zu einmal eine Affäre gegeben hatte, doch die hatte ihre Position als unangefochtene Ehefrau und Partnerin nie berühren können, und sie hatte zwar ab und an mit ihrer Eifersucht zu kämpfen gehabt, es ihrem Mann aber eigentlich gegönnt, dass er wenigstens beim Fremdgehen ein wenig von dem fand, was in ihrem ehelichen Sexleben fehlte. Jetzt war sie 59 und allein. Sie arbeitete nicht, sie war nur Hausfrau. Sie war ihr Leben lang nur Hausfrau gewesen, trotz abgeschlossenen Studiums, was für die 68er ja schon etwas ungewöhnlich war. Aber die Kinder waren ihr einfach dazwischen gekommen, und als die aus dem Haus waren, da verdiente ihr Mann genug und es erschien ihr einfach nicht nötig, sich mit etwas so Undankbarem wie der Jobsuche als reife Frau ab 50 herumzuschlagen. Auch jetzt hatte sie es nicht nötig zu arbeiten; ihr Mann hatte sie gut versorgt zurückgelassen.

Aber die Tätigkeit als Hausfrau füllte sie schon lange nicht mehr aus. Sie fühlte sich einsam, und sie fühlte sich überflüssig. An den Rand gestellt; so, als ob das eigentliche Leben an ihr vorbeiziehe. Sie kannte dieses Gefühl so gut, dass sie sich schon beinahe daran gewöhnt hatte. Doch in den letzten Monaten war etwas Neues dazu gekommen; eine unglaubliche Sehnsucht nach Liebe, Zärtlichkeit, Sehnsucht. Nach Erotik. Oder sprechen wir es ruhig aus – nach Sex. Manchmal schämte sie sich, dass sie als Frau über 50 noch solche erotischen Gelüste hatte. Dass ihre Muschi, die schon längst keine Monatsblutung mehr kannte, dennoch wieder und wieder feucht wurde und vor Gier und Hunger brannte und kribbelte, so sehr, dass ihre Finger oder selbst ein Vibrator nur unzureichend Abhilfe schaffen konnte. Wenn sie ganz ehrlich mit sich war, musste sie zugeben, dass sie sich nach Oralsex nannte, wie sie ihn zuletzt und ausschließlich bei Nils gekannt hatte. Wie ungehörig für eine Frau über 50! Dann wieder sagte sie sich trotzig, dass sie ja schließlich damals, als Teil der 68er Generation, nicht umsonst für die sexuelle Freiheit gekämpft hatte. Diese Freiheit musste einfach auch das beinhalten, dass selbst reife Hausfrauen wie sie, mit über 50, ja, beinahe schon 60 noch Sex hatten. Sofern sie Lust darauf hatten. Und sofern sie einen passenden Partner hatte.

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Genau daran haperte es jedoch. Junge Männer reizten sie nicht. Sie wollte nicht mit jemandem zusammen sein, der so wenig von ihr und der Zeit damals wusste, dem sie alles erst mühsam erklären musste. Sie hatte kein Interesse an einem Mann in einem Alter, für den die sexuelle Freiheit nichts war, das er sich hatte kämpfen, sondern nur etwas war, das er sein ganzes Leben lang genossen hatte. Und von den Männern in ihrem Alter waren erschreckend viele schon nicht mehr da. Die restlichen waren entweder verheiratet – meistens zum zweiten oder sogar schon zum dritten Mal -, und die anderen waren wahlweise nicht mehr anziehend, nicht interessiert oder beides. Immer öfter musste sie an Nils denken. Und weil sie trotz ihres reifen Alters immerhin modern genug war, bei der modernen Technik mit der zeit zu gehen, einen Computer mit Internetanschluss besaß und sogar damit umgehen konnte, begann sie irgendwann damit, nach Nils zu suchen. Sein Nachname war noch ungewöhnlicher als sein Vorname; und so wurde sie bald fündig. Er wohnte gar nicht einmal soweit weg von ihr; es waren nur knapp 300 Kilometer. Wochenlang schwankte sie, ob sie sich bei ihm melden sollte. Sie wusste nichts über ihn; das Internet hatte nicht viel mehr als seine aktuelle Adresse hergegeben. War er verheiratet? Was hatte er für einen Beruf? Sie grübelte darüber nach und schob den geplanten Anruf bei ihm immer weiter hinaus. Endlich entschloss sie sich dazu, ihm ein Mail zu schreiben. Sie hatte nicht ernsthaft mit einer Antwort gerechnet, doch sie kam, und sogar sehr schnell. Statt über sein Leben zu berichten, fragte Nils sie jedoch nur, ob sie am kommenden Wochenende Zeit hätte; er wolle sie besuchen. Diese Ankündigung löste eine echte Panik bei ihr aus. Die sie zuerst, typische Hausfrau, in einen gründlichen Hausputz umsetzte. Dann besuchte sie nacheinander Friseur, Kosmetikerin und Fußpflegerin und kaufte sich ein paar neue Outfits. Inklusive einiger sündhaft teurer, aber extrem verführerischer Nachthemden und Unterwäsche. Erst dann schrieb sie ihm zurück, sie freue sich auf seinen Besuch – und bereute das schon, als das mail noch übertragen wurde, doch da war es zu spät. Er würde kommen; er, Nils, ihre Jugendliebe. Der Mann mit der geschickten Zunge …

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