Eigentlich hatte ich nicht ein paar Jahre lang Architektur studiert, um dann als Mädchen für alles in einer Art besserer Hausmeisterposition zu landen. Oder was heißt hier „einer Art“ und „besserer“? Ich war Hausmeister, nicht mehr und nicht weniger. Nicht unbedingt eine Arbeit, für die man ein abgeschlossenes Architekturstudium braucht! Aber bevor man arbeitslos ist, nimmt man halt, was man kriegen kann. Und dieser Job als Hausmeister einer großen Wohnanlage war mir halt über den Weg gelaufen, als ich nach meinem Studium voller Entsetzen feststellen musste, dass Architekten längst nicht so gesucht sind, wie ich das gehofft hatte. Die wenigen guten offenen Stellen waren schneller weg, als ich kucken konnte, aufgeschnappt von den besten meines Jahrgangs. Für uns andere blieb nur die eine oder andere unliebsamen Position übrig, für die wir im Zweifel komplett überqualifiziert waren, also nicht genommen wurden. Oder der Gang zum Arbeitsamt. Dass mir der erspart geblieben war, hatte ich einem Zufall zu verdanken. Und zwar dem Zufall, dass meine Tante sich gerade eine kleine Eigentumswohnung in einem großen, neu erstellten Wohnkomplex gekauft hatte. Ich begleitete sie zu den Besichtigungsterminen dort und lernte dabei auch ein paar Leute von den Bauträgern kennen. Einer von ihnen, der im Wesentlichen den Verkauf der Wohnungen managte, erkannte wohl, dass ich vom Bauen etwas verstand. Er erkundigte sich sehr dezent danach, was ich dann beruflich mache, und als ich ihm das schilderte und dabei auch offen zugab, dass ich momentan arbeitslos war, bot er mir völlig überraschend die Stelle als Hausmeister in dem Komplex an. Es war ein Job, der natürlich völlig unter meiner Würde war; worauf meine Tante auch sofort sehr scharf hinwies. Aber mir war nach ein paar Wochen voller Absagen aus Architekturbüros und großen Firmen – oder noch schlimmer als die ganzen Absagen war das anhaltende Schweigen, mit dem manche meine Bewerbung quittierten, als ob sie sie überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hätten – inzwischen alles egal, Hauptsache, ich konnte endlich wieder mein eigenes Geld verdienen, statt mich von meinen Eltern weiter durchfüttern zu lassen, obwohl die mich ja nun schon durch das Studium gebracht hatten.
Ich erkundigte mich nach den Bedingungen, und die schienen mir gar nicht schlecht zu sein. Nachdem ich noch ein wenig verhandelt hatte – und da war es genau passend gekommen, dass meine Tante sich für mich so empört hatte -, konnte ich dort als Hausmeister zu Bedingungen beginnen, die sogar besser waren als manche der unliebsamen Architektenjobs für die, die nicht unter den Besten ihres Jahrgangs waren und auf solche Notjobs ausweichen mussten. Außerdem hatte ich inzwischen, wenn ich ehrlich war, auch das ganze Lernen und Pauken satt, ich hasste diese ganze komplizierte Materie und war richtig froh, zur Abwechslung endlich mal einen Job machen zu können, der relativ stupide war, mich aber deshalb auch nicht anstrengte, und wo vor allem sofort ein Erfolg zu sehen war. Häuser baut man nun mal nicht im Handumdrehen … Zutrauen tat ich mir die ganzen Reparaturarbeiten, die sicherlich notwendig werden würden, durchaus; ich hatte schon immer gerne was am Haus gemacht, an irgendwelchen Dingen herum gepuzzelt, mit meinem Vater zusammen oder später auch alleine. Falls etwas zu kompliziert werden sollte, musste ich ja ohnehin eine Fachfirma rufen. Und auf Dauer wollte ich den Job sowieso nicht machen, aber für den Moment schien er mir eine geradezu perfekte Lösung zu sein. Zumal ich dafür, dass ich ihn machte, auch noch mietfrei in einer Zweizimmerwohnung im Erdgeschoss wohnen durfte, also endlich bei meinen Eltern ausziehen konnte. Ich zog dort also ein, ließ mich zunächst einmal im gesamten Gebäude herumführen, damit ich auch wusste, was wo war, und dann wartete ich darauf, dass die Bewohner, die noch nicht vollzählig waren – viele Wohnungen standen noch leer, waren noch nicht verkauft oder gerade erst gekauft worden – meine Dienste in Anspruch nehmen würden.