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21. Dezember 2009

Von einer Teen Schlampe verführt

Ich habe mich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, dieses frühreife junge Ding für eine Woche in meinem Haus aufzunehmen. So gut ich auch mit ihren Eltern befreundet bin – die Tochter war mir immer ein bisschen unheimlich. Und seit sie volljährig geworden ist, vor ein paar Monaten, kann ich es überhaupt nicht mehr mit mir aushalten. Ich hatte schon, wenn ich sie bei Besuchen bei ihren Eltern kurz gesehen habe, immer den Verdacht, diese Teenie Schlampe legt es echt darauf an, mich zu verführen. Das konnte alles kein Zufall mehr sein; weder ihre aufreizende Kleidung, bei der sie meistens mehr von ihrem schlanken, jungen Körper zeigte als verhüllte, die Blicke, die ach, so zufälligen Berührungen, denen ich nie ausweichen konnte – nein, ich entzog mich ihr, so gut es ging.

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Und dann sollte sie eine Woche bei mir bleiben, als ihre Eltern, meine Freunde, eine Woche lang alleine in Urlaub fuhren, um einen Hochzeitstag würdig zu begehen! Ich hätte ihnen gerne sonst jeden Gefallen getan; ich hätte der frühreifen jungen Dame auch ein Hotel bezahlt – aber sie eine Woche lang ständig um mich zu haben, dazu war ich eigentlich nicht bereit. Das wurde jedoch nicht gut aufgenommen. Ihre Mutter war sofort beleidigt, und ihr Vater war auch nicht gerade angetan von meiner Ablehnung. Es hätte beinahe Krach gegeben, und weil sie ja nun immerhin doch meine besten Freunde sind, habe ich mich schließlich doch dazu überreden lassen. Mit einem enormen Widerwillen. Ich befürchtete das Schlimmste; und genau das ist ja dann auch passiert, als diese Teen Schlampe bei mir aufgekreuzt ist. Wobei sie übrigens den Namen Teen Schlampe gleich aus zwei Gründen verdient hat.

Zum einen, weil sie eine Erotik versprüht, die für Teen Girls mit 18 Jahren nun echt verboten gehört. Und zum zweiten, weil sie auch eine echte Schlampe in der anderen Bedeutung des Begriffs ist. Innerhalb von einer halben Stunde nach Ilkas Eintreffen war das gesamte Gästezimmer in einen Schlachtplatz aus MP3 Player, Büchern, Klamotten und Schuhen verwandelt. Im Badezimmer stapelten sich unordentlich ihre Kosmetika – von denen sie eine Menge zu brauchen schien – auf allen freien Stellen, die ich allerdings bewusst freigelassen hatte. Es sah einfach jetzt alles viel zu voll und unaufgeräumt aus. Und im Wohnzimmer hatte sie sich ebenfalls schon häuslich niedergelassen, mit Zeitschriften um sich herum, vor dem Fernseher, dessen Fernbedienung sie auf ihrem Schoß liegen hatte, mit einem leeren Glas und einem leeren Teller vor ihr auf dem Tisch. Was da mal drauf gewesen war, hatte ich keine Ahnung – aber in der Küche fand ich ebenfalls noch zahlreiche Spuren ihrer Anwesenheit; eine offene Butterdose, ein beschmiertes Messer und Krümel mitten auf dem Tisch, eine offene Tüte Milch auf der Ablage, und so weiter. Mein Unwille wuchs; und gleichzeitig meine Befürchtung, in welchem Zustand Ilka mich und mein Haus nach dieser Woche hinterlassen würde. Wahrscheinlich würde meine Putzfrau diverse Überstunden machen müssen, um das alles wieder in Ordnung zu bringen.

Genauso kam es auch; ich hatte nach dieser Woche meine Raumpflegerin ganze zwei Tage im Haus, um alles wieder sauber zu machen und in Ordnung zu bringen, was Ilka durcheinandergebracht hatte. Aber immerhin – mit diesen zwei Tagen war es getan; danach sah alles wieder so aus, als ob sie nie da gewesen wäre. Zumindest äußerlich. Bei mir innen drin war das Bild ein ganz anderes. Und das ist es auch jetzt noch. Ich kann es einfach nicht vergessen, was geschehen ist, während dieser einen Woche. Ich hatte es schon beinahe überstanden, ich jubilierte schon innerlich – und dann bin ich ihr doch noch in die Fänge gegangen. Es war erst am allerletzten Tag, dass sie es wirklich darauf angelegt hat, mir den Kopf zu verdrehen. Ich weiß nicht warum; vielleicht weil sie Angst hatte, ich setze sie sonst auf die Straße. Was ich bestimmt nicht gemacht hätte. Jedenfalls – die ganze Woche lang, bis zum vorletzten Tag, geschah nichts, überhaupt nichts. Ilka benahm sich zwar, als ob sie alleine im Haus wäre, ließ überall Sachen herumliegen, hörte laut Musik, riss die Fernbedienung des Fernsehers an sich und bestimmte, welches Fernsehprogramm lief, holte sich alles, was ihr gefiel, ob es nun Essen war, oder aber Sachen von mir, aber sie machte mich wenigstens nicht an. Sie war die ganze Zeit mürrisch und ablehnend zu mir, und sie gab sich auch mit ihrer Kleidung keine Mühe. Sie verhüllte ihre wirklich prachtvollen Formen in hässlichen, weiten Shirts und Hosen.

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Das fand ich zwar einerseits bedauerlich, aber andererseits war ich doch wahnsinnig froh darüber. Selbst ihre eklige Art, die sie ganz bestimmt nicht zu einem angenehmen Mitbewohner machte, war mir ganz recht. Das bedeutete doch wenigstens, dass ich nun nicht in Versuchung kam, mich an ihr zu vergreifen. Oder auch nur im erotischen Sinn an sie zu denken. Ich war so sauer auf diese Schlampe, dass jeder Gedanke an Sex mit ihr mir wie Hohn vorgekommen wäre. Und auch wenn das wirklich keine angenehme Stimmung war, war es doch immerhin tausendmal besser als erotische Verwicklungen, die ich sonst nicht hätte ausschließen können. Von daher war ich eigentlich in der allerbesten Laune. Nur werdet ihr gleich sehen, dass ich mich nun doch ein wenig zu früh gefreut hatte. Der Albtraum war noch lange nicht vorbei; und was ich die ganze Zeit befürchtet hatte, das trat dann doch noch ein.

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18. Dezember 2009

An der richtigen Stelle steif …

Als ich noch jünger war, habe ich sehr viel Wert auf Aussehen und Körpergröße gelegt. In der Jugend ist man ja meistens etwas oberflächlicher … Oder sagen wir es einmal so, solange man selbst noch einigermaßen hübsch ist, achtet man einfach mehr darauf, dass es auch die Menschen sind, mit denen man sich umgebt. Das gilt vor allem für den Partner. Wenn man dann älter wird und die eigenen äußeren Wert mehr und mehr dahinschwinden, dann bekommt man einfach eher einen Blick für die inneren Werte. Man kann nun sagen, man wird einfach reifer und erwachsener, oder man kann das boshaft so kommentieren, dass einem ja auch gar nichts anderes übrig bleibt – es spielt keine Rolle. Es ist eben einfach so; man lernt es, äußere Gegebenheiten nicht mehr für so wichtig zu nehmen.

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Ich bin mit 1,78 nun auch noch relativ groß für eine Frau, und ich habe mich früher immer geweigert, einen Mann auch nur als möglichen Partner zu akzeptieren, wenn er nicht wenigstens meine Größe hatte, am besten sogar etliche Zentimeter größer war. Ich mag es einfach, wenn ich mich bei einem Mann anlehnen kann … Das hat sich eigentlich auch nicht geändert, seit ich eine reife Frau ab 40 bin. Nur erkenne ich jetzt immer besser, ein Mann muss nicht groß sein, er muss Größe zeigen, für dieses Anlehnen – und das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Ganz deutlich gezeigt hat mir das jetzt Joachim. Joachim ist etwas älter als ich; er ist bereits 58, ich bin „gerade erst“ 52. Und er ist mit seinen 1,67 ganze elf Zentimeter kleiner als ich. Das ist soviel kleiner, dass man es wirklich auch nicht mehr mit flachen Schuhen und einer etwas geduckten Haltung überspielen kann.

Wer uns beide nebeneinander sieht, der erkennt auf den ersten Blick den Größenunterschied, denn er ist wirklich schon auffällig. Wo ich Joachim kennengelernt habe? Jetzt lacht nicht – bei der Volkshochschule. Ja, reife Hausfrauen wie ich, die ihr Leben lang nur Hausfrau und Mutter waren und dann auf einmal in ein tiefes, schwarzes Loch fallen, wenn das Leere-Nest-Syndrome zuschlägt, die Kinder aus dem Haus sind, die sind oft in Volkshochschulkursen zu finden. Aus diversen Gründen. Es gibt kaum etwas anderes, wo reife Hausfrauen sich sonst weiterbilden und wenigstens noch etwas dazulernen können. Abendschule, ein spätes Studium – das alles ist zu anstrengend und im Zweifel auch zu kostspielig. Außerdem fühlen reife Hausfrauen sich unsicher. So viele Jahre haben wir am „richtigen“ Leben nicht mehr teilgenommen, wie sollen wir da so schnell wieder hinein zurückfinden? Vor allem, wenn es um etwas wie ein Studium an der Uni geht, wo wir im Zweifel mit lauter jungen Menschen konkurrieren müssen und selbst die Professoren jünger sind als wir. Die VHS, da kann man auch im reifen Alter noch seine ersten, vorsichtigen Schritte zurück mitten ins Leben machen, da sind im Zweifel die anderen „Studenten“ im gleichen Alter, und was dann später mal kommt, kann man immer noch sehen.

Auch diese vorsichtigen Schritte hätte ich sicherlich nicht gemacht, wenn mein Mann mich nicht verlassen hätte vor knapp zwei Jahren. Er hatte lediglich gewartet, bis die Kinder alle aus dem Haus waren, und schon hat er seine Koffer gepackt. Viele Monate lang bin ich herumgelaufen wie eine lebende Leiche, nach diesem Schlag. Dann bin ich mit Hilfe meiner Freundinnen ganz langsam wieder auf die Beine gekommen. Und jetzt wage ich mich sogar unter Leute, in Volkshochschulkurse. Unter anderem deshalb, weil auch ich den Traum habe, den viele reife Hausfrauen hegen – ich möchte vielleicht wirklich irgendwann noch einmal studieren. Derzeit reicht jedoch mein Selbstbewusstsein dafür noch nicht aus, da muss ich noch ein bisschen trainieren. Wofür solche Kurse genau das Richtige sind. Da mich Geschichte schon immer interessiert hat und ich auch überlege, mit meinem möglichen späteren Studium in diese Richtung zu gehen, habe ich mich zuallererst in einem Kurs über die Geschichte der Neuzeit eingetragen. Und diesen Kurs gab und gibt Joachim. Das heißt, natürlich habe ich ihn nicht als Joachim kennengelernt, sondern als Herrn Halter. Obwohl er nun wirklich nicht groß ist und von seiner körperlichen Statur her eindeutig nicht allzu viel her macht, schaffte er es sofort, allen Kursteilnehmern schon am ersten Abend zu vermitteln, dass die allgemeine Duzerei, die in vielen anderen VHS Kursen gang und gäbe ist, für ihn absolut nicht in Frage kam. Er wirkte sehr steif; irgendwie englisch. Vielleicht ist das ein Vorurteil, aber diese absolut gerade Haltung, das überkorrekte, beinahe penible Benehmen und die spürbare, fast kühle und auf jeden Fall emotionslose Distanz, die sehr genaue, klare Sprechweise, das assoziiere ich immer mit einem Engländer der Oberschicht. Anfangs fand ich es abschreckend. Ebenso wie die anderen im Kurs. Man konnte es richtig sehen, wie einige überlegten, den Kurs vielleicht doch lieber wieder aufzugeben. Unter denen war auch ich.

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Aber dann kam Joachims erster Vortrag. Und da war er dann ganz in seinem Element. Er schaffte es, die Geschichte wirklich lebendig werden zu lassen. Ich saß da wie angewurzelt auf meinem unbequemen Holzstuhl, und dass ich nicht vor Staunen den Mund aufsperrte, das war wirklich alles. Es gab keinen Gedanken mehr daran, dass ich den Kurs wieder aufgeben würde. Genau das war es, weshalb ich auch hier saß; nicht wegen trockener Jahreszahlen und historischer Fakten, sondern wegen lebendiger Geschichte. Joachims Talent, die trockenen Informationen mit Leben zu versehen, wirkte sogar in unsere Hausaufgaben hinein; jedenfalls für mich. Ich tat weit mehr, als er verlangt hatte. Er bemerkte es. Und ich bemerkte, dass mein Eifer während der Kurse und bei den Aufgaben zu Hause – jedenfalls hielt ich diese beiden Dinge damals noch für den Grund – mich langsam, aber sicher in die Position seiner Lieblingsschülerin hinein katapultierten. Jedenfalls ließ sich das alles noch weit besser an, als ich es gedacht hatte. Es machte mir Freude, an diesen Abenden unterwegs zu sein, und diese Freude machte es mir auch leicht, auf die anderen im Kurs zuzugehen. Obwohl reife Hausfrauen, die nach vielen Jahren endlich einmal wieder aus ihrem Schneckenhaus herauskommen, da durchaus normalerweise so ihre Startschwierigkeiten haben, und genauso hatte ich das auch für mich befürchtet. Aber es gibt eben nichts, was besser ist für die Offenheit anderen Menschen gegenüber, als dass man Spaß an etwas hat. Sehr schnell hatte ich sogar die ersten Freunde unter den Kursteilnehmern, und wir trafen uns auch privat. Der einzige, mit dem ich noch nie ein privates Wort gewechselt hatte, das war Joachim. Nicht dass ich das nicht gerne gemacht hätte; aber ich traute mich einfach nicht. Viel zu schnell neigte der Kurs sich dann auch seinem Ende zu, und zwar wehmütig, aber akzeptierend gewöhnte ich mich an den Gedanken, ihn bald zum letzten Mal zu sehen; so faszinierend ich ihn inzwischen nicht nur als Lehrer, sondern auch als Mensch fand. Ich hätte ihn gerne zum Freund gehabt. Wenigstens glaubte es, dass es das war, was ich wollte.

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