Früher hatte Rainer immer gelästert, dass die Leute im Internet doch nur die bewussten Seiten aufsuchen. Nun hatte er selbst einen Computer. Nun tat er es selber. Außer sich scharfe Bilder anzusehen, kleine Filmchen und erotische Texte, war er noch auf eine ganz andere Idee gekommen. Zufällig hatte er seine Nachbarin mal zu seinem Sohn sagen hören: „Ich habe als E-Mail-Adresse einfach Vornamen-Punkt-Nachnamen gewählt.“ Auf diesen Satz besann sich Rainer, als ich mal wieder spät am Abend allein vor der Kiste saß.
Die geile Nachbarin! Ganz vernarrt war er sowieso in die süße fünfundzwanzigjährige Dennis. Ihre feuerrote Mähne stachelte meine Phantasie immer an, wenn er ihr begegnete. Gern machten er mit ihr bei solchen Gelegenheiten ein Schwätzchen. Als er von seiner Frau erfuhr, dass Dennis gerade eine zweijährige Beziehung abgebrochen hatte, weil ihr Partner laufend fremdgegangen war, wurde Dennis für ihn noch interessanter. So kam es dann, dass er ihr eines Abends die erste a-Mail schrieb: „Hallo, Dennis, Lust auf einen elektronischen Briefwechsel? Ich bin so oft allein, suche einen interessanten Gesprächspartner. Freue mich auf Antwort. Es grüßt xyz[@]xyz123adresse.de“
Aus lauter Vorsicht hatte er sich diese e-Mail-Adresse ausgewählt, weil er glaubte, so könnte niemand Rückschlüsse auf den realen Absender ziehen. Rainer staunte nicht schlecht, dass er innerhalb von Minuten schon eine Antwort bekam. Sie saß also zur gleichen Zeit an ihrem PC.
„Hallo, Anonymus„, schrieb sie zurück, „wer verbirgt sich hinter dem xyz123? Ein Mann? Eine Frau? Ein einsamer Single? Wie bist du auf meine Adresse gestoßen? Ich dachte, man ist im Internet halbwegs anonym. Ja, ich bin gern zu einem elektronischen Briefwechsel bereit. Sollen wir mit dem Thema Wetter beginnen?“
In ihm jubelte es. Sie war angesprungen. Er schrieb postwendend zurück: „Nein, mir ist nicht danach, über das Wetter zu reden. Ein einsamer Mann tauscht sich mit einer schönen Frau lieber über ganz andere Dinge aus.“
„Wie kommst du darauf, dass ich eine schöne Frau bin? Einen Buckel habe ich, eine Höckernase und eine Hasenscharte. Meine Haare sind bereits ergraut. Ich kann nur vor dem Computer sitzen, wenn ich die Rheumadecke umgelegt habe. Und du? Du bist ganz sicher der interessanteste Mann, der bestechendste Charmeur!?“