Er erblickte uns, kaum dass wir das Restaurant betreten hatten und stand auf, um uns zu begrüßen. Tina ließ sich zurückfallen und mir den Vortritt. Typisch Frau – wenn es gefährlich wird, dürfen die Männer zuerst ihren Kopf riskieren … Immerhin haben wir so den Vorteil, auch dann die Nase vorne zu haben, wenn es interessant wird.
Entschlossen bahnte ich mir einen Weg zu seinem Tisch. In der Hoffnung, dass meine Stimme nicht so nervös klang, wie ich mich fühlte, begrüßte ich ihn mit: „Hallo, Gerd„, und reichte ihm die Hand. Er nahm sie, und sein Händedruck war warm und angenehm fest. Ich atmete erleichtert auf, als ich feststellte, er war ein wenig kleiner als ich. Tina mag große Männer. Ebenso war er aber ein paar Jahre jünger als ich und sehr viel sportlicher, muskulöser. Tina mag sportliche Männer …
Es stand also sozusagen 1 : 1 zwischen uns.
Endlich war auch Tina herangekommen. Sie begrüßte er mit einem sehr vertrauten Wangenkuss. Nun gut, die beiden kannten sich schon lange; ich war der „Neue“ in diesem Trio.
Tina ließ zuerst den Wangenkuss über sich ergehen, dann fasste sie seinen Kopf, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen weiteren Kuss, einen leidenschaftlichen, mitten auf den Mund. Selbst ohne viel Fantasie konnte ich ahnen, dass sie währenddessen seinen Mund mit ihrer Zunge erkundete. Heiße Eifersucht brannte in meinen Adern; verlegen wandte ich den Blick ab.
Lange konnte ich allerdings nicht wegsehen; und bei meinem nächsten Blick traf mich der von Tina; mit einem triumphierenden Blitzen darin. Sie hatte meine Eifersucht bemerkt – und spielte damit. Endlich setzten wir uns an den Tisch.
Gerd war ein angenehmer Mensch, und ein angenehmer Gesprächspartner. Er war wesentlich lockerer und unbekümmerter als ich angesichts der etwas merkwürdigen Situation. Zumindest tat er erfolgreich so. Wir unterhielten uns bei einem Glas Wein über unwichtige Dinge; das Wetter, Tinas Arbeit. Trotz der allgemeinen Themen schien Tina von innen heraus zu leuchten, als ob es liebevolle, flirtende Worte wären, die gewechselt wurden. Es war, als schien sie nur auf eine Pause in der Konversation gewartet zu haben, denn als sie kam, lächelte sie und fragte: „Sollen wir gehen?“
Meine Nervosität, die sich während der Unterhaltung ein wenig gelegt hatte, kehrte mit einem Schlag zurück.