Natalie, dieser kleine Teufel, nein – besser gesagt natürlich Teufelin, oder sagt man dann schon Hexe … es war unglaubliches geschehen, wie sich mein Leben bereichert hatte, seit sie so spontan in mein Leben eines Junggesellen getreten war. Sie war einfach aufgetaucht und hier gewesen, von heute auf morgen als Austauschschülerin bei unseren Nachbarn.
Das heißt … unser, na ja – das stimmte nicht mehr so ganz, denn ich hatte mich seit geraumer Zeit, einige Wochen war es nun virulent, von meiner Freundin getrennt … und um genau zu sein und ehrlich: seither hatte ich mich eher in meinem Schmerz, meiner Wut, meiner Enttäuschung und Verärgerung mehr verkrochen als gezeigt gehabt.
Als ich dann in der letzten Woche bei unseren (ich bleib mal bei dem Ausdruck) wirklich netten Nachbarn unter dem Titel „ganz große Überraschung“ zum Abendessen eingeladen worden war, konnte ich meinen Augen ganz einfach nicht trauen, als ein unglaublich bezauberndes junges Mädchen mit diesem umwerfenden leicht französischen Accent, aber ansonsten fast perfekten Deutsch, zum Tisch herzu flog und sich lachend vorstellte.
„Allo – ich bin Natalie …„, lächelte sie mich an und meine Miene, mein ganzes Gehabe hellte sich auf. Nicht dass ich griesgrämig da gesessen gewesen wäre, aber es war, als wäre der Frühling, die Sonne in mein momentan nicht so begeisternd verlaufendes Leben eingetreten. (selber schuld, ich weiß schon … aber das ist ein anderes Thema) Unvermittelt hervorgetreten aus einer Nebelwand, in der ich mich befunden hatte. Oder hinter der ich mich versteckt gehalten hatte, um einfach Abstand zu gewinnen und durch meine intensiven beruflichen Tätigkeiten und exzessives Arbeiten, zu vergessen und zu verdrängen.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich mich direkt verschluckt hatte … und dass ich es fast nicht ausgehalten hatte, ihr schräg gegenüber zu sitzen am Tisch mit lieben Freunden in meinem Alter – typische Mittdreißiger – und deren beiden Töchtern, die nur ein wenig jünger waren, als die bildhübsche französische Austauschstudentin. Ich schätzte sie auf etwa achtzehn, einfach unter der Annahme ihrer Erzählungen, dass sie soeben das Baccalaureat fertig gemacht hatte, also quasi die Reifeprüfung, „le bac„, wie sie mit strahlend weißen Zähnen berechtigtermaßen stolz von sich gab, und sie bestätigte kurz darauf meine Schätzung – sie war 18, schon beinahe 19.