Mir zittern die Knie, lange bevor ich Sir Elias‘ Laden erreicht habe. Und es liegt keinesfalls daran, daß ich gleich den Inhaber sehen werde – der als Mann durchaus ähnliches auslösen kann, allerdings mit weit angenehmerem Hintergrund -, sondern an der Diskussion, die mir bevorsteht.
Sonst habe ich das Geschäft immer nur in angenehmer Stimmung betreten, um neue Spielzeuge auszusuchen für meine bizarre Lust, zu stöbern, oft auch einfach nur für eine kurze Unterhaltung mit Sir Elias oder seiner unglaublich lieben Verkäuferin. Diesmal jedoch geht es um eine ernste und ziemlich mißliche Angelegenheit.
Bernd ist schon da, als ich eintreffe. Entsprechend begrüßt Sir Elias mich sehr viel zurückhaltender als sonst, um in seiner Eigenschaft als Vermittler zwischen Bernd auf keine Weise Partei zu ergreifen. Was ich respektiere, obwohl es mir natürlich nicht gefällt. Ich bleibe also selbst ebenfalls distanziert und achte peinlich genau darauf, daß mir bei der Anrede kein vertrautes „Alexander“ statt des Sir Elias herausrutscht, als ich höre, daß Bernd seinen Nick verwendet. Na, Hauptsache, ich muß ihn nicht „Meister“ nennen, denke ich bei mir. Das wäre denn doch etwas seltsam; schließlich bin ich im Gegensatz zu Bernd nicht devot.
Bald sitzen wir im riesigen Hinterzimmer, das gleichzeitig als Alexanders Büro, Lager und allgemeiner Aufenthaltsraum dient, zu dritt um einen Tisch.
Alexander holt tief Luft, um zu beginnen. Und plötzlich weiß ich ganz sicher, so, als ob er es mir gesagt hätte, daß er sich weder sehr wohl, noch sehr sicher fühlt in seiner Rolle. Was ihn mir nur um so sympathischer macht.
„Ihr beide kennt euch privat von meinem SM-Stammtisch her,“ erklärt er nun; und seiner Stimme hört man seltsamerweise überhaupt nichts von seiner Unsicherheit an. „Es hat mich sehr betroffen gemacht zu hören, daß diese Bekanntschaft auf beruflichem Gebiet zu solchen Spannungen geführt hat. Ich möchte versuchen, mit euch gemeinsam diese Spannungen auszuräumen. Man muß sich nicht mögen, nur weil man das Interesse an Sadomasochismus miteinander teilt; und man muß deshalb auch nicht höflicher miteinander umgehen, als es ohne diese Gemeinsamkeit der Fall wäre. Das Gegenteil sollte es jedoch auch nicht sein.“
Eine kurze Pause tritt ein. Alexander sieht Bernd und mich nacheinander fragend an. Bernd starrt wie geistesabwesend vor sich hin und reagiert nicht. Ich allerdings möchte schon etwas sagen. „Ich denke, Sir Elias, daß Bernd befürchtet, ich könnte mein Wissen um seine Neigungen im beruflichen Umfeld zu seinem Nachteil einsetzen. Das ist eine Angst, die ich nur zu gut verstehen und nachvollziehen kann. Aber ich möchte sehr ausdrücklich betonen, Bernd, daß dies nicht im geringsten in meiner Absicht liegt.“