Kennengelernt hatte ich Gudrun, die damals neunundzwanzig Jahre zählende, verheiratete Hebamme, während einer vorübergehenden Arbeit beim Fernsehen. In der Kneipe, in der ich gewöhnlich die Abende nach der Arbeit im Schneideraum verbrachte, hatten wir uns angefreundet, Damals hatte ich ihr Beistand gegen die zudringlichen Absichten eines Arbeiters geleistet, der sie abschleppen wollte. Um in seiner Wohnung noch ein Bier mit ihr zu trinken, wie er sagte. Eines Abends dann beschlossen wir, einen Bummel durch die Innenstadt zu machen. In ihrem schwarzen Minirock – die Zeit der allgemeinen Minimode war schon länger als zehn Jahre vorüber – erregte sie bei allen Männern Aufsehen. Gierige Blicke und provozierende Pfiffe begleiteten unseren Weg durch die Straßen. Ein Gefühl der Peinlichkeit, eine solche Beachtung hervorzurufen, und der Stolz, mit einem solch attraktiven Mädchen ausgehen zu dürfen, kämpfen in mir um die Oberhand. Schließlich fanden wir ein Lokal, in dem wir in Ruhe ein Bier trinken konnten.
»In deinem Alter sind die meisten Männer in festen Händen. Du bist doch sicher auch verheiratet?« »Genau wie du.«
»Glücklich?«
»Na ja.«
»Mein Mann ist impotent. Aber ich liebe ihn trotzdem.« »Ich liebe auch meine Frau.«
Wir schwiegen ein Zeitlang, schauten uns an. Dann Gudrun unvermittelt:
»Ich habe Mitleid mit allen Männern, die allein und ohne Frau sein müssen. Ich habe mir das schon oft vorgestellt: Ich könnte mich hundert sexuell ausgehungerten russischen Soldaten auf einmal hingeben, einfach die Beine breit machen und einen nach dem anderen über mich lassen.«
»Mir genügte es, wenn du das mir allein erlauben würdest.«
»Du erotisierst mich schon«, gab Gudrun zu, schränkte aber im gleichen Moment ein: »Aber irgendwie traue ich mich nicht, bist du mir unheimlich.«
Das Gespräch nahm wieder eine andere Richtung, und schließlich fuhren wir mit der Taxe zurück. Vor ihrer Haustür wollte ich mich von Gudrun verabschieden.
»Du, ich habe es mir überlegt, ich komme noch zu dir ins Hotel, aber nur für einen Augenblick.«
»Wie du willst, gerne.«
Im Hotel, besser gesagt handelte es sich um eine Pension, schlichen wir auf Zehenspitzen über die enge Wendeltreppe hinauf in mein Zimmer.
Gudrun zierte sich zunächst noch, doch bald lagen wir nackt und eng aneinandergeschmiegt auf dem Bett, fühlte ich die wohlige Wärme ihres weichen Leibes.