Seit ich mit meinem Mann in die Großstadt gezogen bin, fühle ich mich oft sehr einsam. Zumal wir in einem anonymen Hochhaus wohnen, wo sich die Bewohner, wenn überhaupt, nur brummig und kurz angebunden grüßen. Und zumal wir wegen des neuen Jobs meines Mannes umgezogen sind, der ihn mehr und mehr in Anspruch nimmt. Vor neun Uhr abends ist er kaum mehr zu Hause.
Und ich, die ich meinen Job in der Bücherei der Kleinstadt, in der ich geboren bin und alle meine Freunde hatte, sitze den ganzen Tag zu Hause und langweile mich. Ich langweile mich extrem.
Für mich war bisher hier kein Job zu finden.
„Das macht doch nichts„, hat mein Mann gesagt, „ich verdiene genug für uns beide.“ Als ob es bei einem Job nur ums Geld ginge!
„Was soll ich denn deiner Meinung nach den ganzen Tag machen?„, habe ich ihn ziemlich empört gefragt.
Hilflos hat er mit den Achseln gezuckt. „Mach dir einen schönen Tag„, war seine Antwort. „Genieße das Leben – und freu dich, dass du anders als ich nicht den ganzen Tag in einem muffigen Büro herumhängen musst.“
Genieße das Leben – ja, prima …
Ohne Job, ohne Freunde oder auch nur Bekannte – was soll ich denn da genießen? Die Einsamkeit?
Vor kurzem habe ich damit begonnen, jeden Tag einen langen Spaziergang am Nachmittag zu machen. So geht wenigstens die Zeit herum. Meistens bin ich in dem kleinen Park bei uns um die Ecke spazieren gegangen, aber gestern war ich das erste Mal in dem großen Park direkt neben der Fußgängerzone.
Er ist so riesig, dass man sich darin verlaufen kann. Und ich habe mich tatsächlich verlaufen; nachdem ich eine Stunde herumgewandert war zwischen Wiesen, Bäumen und Blumenbeeten, kam ich an einen See – und wusste auf einmal, ich finde den Weg zurück nicht mehr.
Richtig Panik habe ich bekommen.
Ein Mann, der am See auf einer Bank saß, hat wohl mitbekommen, dass etwas nicht stimmte; besorgt erkundigte er sich, was los sei.
In diesem Augenblick konnte ich nicht anders – ich brach in Tränen aus. Meine ganze Einsamkeit, meine Panik wegen des Verlaufens, der ganze trübsinnige Alltag in der Großstadt, all das brach aus mir heraus. Ich heulte wie ein Schlosshund, und konnte nicht wieder aufhören.
Der Fremde war unglaublich toll. Er nahm mich einfach in den Arm, reichte mir ein Taschentuch und sprach tröstend auf mich ein, bis ich mich endlich wieder beruhigt hatte. Danach versprach er, mich sicher nach Hause zu bringen.
Tatsächlich war es gar nicht weit von diesem See bis zu dem Hochhaus, in dem ich jetzt wohnte. Ich war ihm so dankbar für seine Hilfe, dass ich ihn noch auf einen Kaffee in die Wohnung einlud. Während ich wartete, bis der Kaffee durchlief in der Kaffeemaschine, verschwand ich schnell im Bad, um mich etwas frisch zu machen und mein verheultes Gesicht samt Make-up wenigstens notdürftig wiederherzustellen.
Als ich zurückkam, lächelte er. „So siehst du noch viel hübscher aus„, sagte er. Sein Blick wanderte von meinem Gesicht zu meinem Körper. Ich hatte die unförmige Daunenjacke ausgezogen, die ich beim Spaziergang getragen hatte, und in meinem engen Pulli und der gut sitzenden Hose konnte man erkennen, welch eine gute Figur ich glücklicherweise mein eigen nennen kann.
Sein Blick war wie ein heißer Lufthauch, der auch in mir ein Feuer entfachte. Es brannte in meiner Brust, es brannte in meinem Bauch, und es brannte ein Stückchen tiefer, direkt zwischen meinen Beinen.
Hastig und verlegen goss ich den Kaffee ein. Ich war meinem Mann noch nie untreu gewesen, hatte nicht einmal im Traum an Fremdgehen und einen Seitensprung gedacht; und jetzt fand ich mich urplötzlich wieder, grenzenlos hingezogen zu diesem Fremden, von dem ich nichts wusste, und wünschte mir, Sex mit ihm zu haben – einfach so. Ja, ich war erregt wie schon lange nicht mehr.
Aber ein Seitensprung kam für mich nicht in Frage, das stand für mich fest. Ich wollte keinen Seitensprung, kein Fremdgehen, ich wollte meinen Mann nicht betrügen, ich wollte keinen außerehelichen Sex, ich wollte keine Affäre..
In meiner Beschämung und Aufregung zitterten meine Finger so sehr, dass ich ein wenig Kaffee daneben goss. Sofort sprang er auf, nahm ein Tuch und wischte die Tropfen fort. Dann legte er das Tuch zurück.
Statt nun aber an seinen Platz zurückzugehen, blieb er nicht nur ganz dicht neben mir stehen, sondern nahm plötzlich meine Hände sehr zärtlich in seine, drehte mich mit einem sanften Zug herum, so dass ich ihn ansehen musste. Dann beugte er sich zu mir herunter – er ist fast einen Kopf größer als ich, was mir das Gefühl großer Sicherheit verlieh – und küsste mich sanft.
Kaum hatten unsere Lippen sich berührt, ließ er meine Hände los und umfasste stattdessen meine Taille, zog mich an sich, und Leidenschaft kribbelte wie statische Aufladung zwischen uns.
In einer nie gekannten frivolen Lust erwiderte ich den Druck seiner Umarmung und presste meinen Venushügel ganz fest gegen die Härte, die ich bei ihm im Schritt spürte. Er stöhnte leise. Dadurch mutig gemacht, fuhr ich mit meinen Händen seine Schenkel entlang, nach hinten auf seine wunderbar knackigen und straffen Pobacken, und erhöhte den Druck noch, rieb mich regelrecht an ihm.
All meine Skrupel in Sachen Seitensprung und Fremdgehen waren schlagartig vergessen; ich wollte nur noch eines – Sex mit ihm. Und den bekam ich auch; kurz darauf, noch in der Küche, wo der Kaffee vor sich hin blubberte, denn irgendwo anders hinzugehen, dazu waren wir zu ungeduldig.
Ja, und jetzt weiß ich, wie ich das Leben genießen kann. So ein Seitensprung bringt wirklich die Lebensenergie zurück, und auf einmal habe ich wieder Freude daran, morgens aufzuwachen und aufzustehen.
Denn ich weiß, ich bin nicht mehr allein. Wenn ich mich einsam fühle, kann ich jederzeit „ihn“ anrufen; und dann gehen wir entweder im Park spazieren, oder wieder in meine oder aber diesmal vielleicht in seine Wohnung.
Ob ich ein schlechtes Gewissen habe, wegen meines Fremdgehens? Aber wieso denn? Mein Mann ist doch schließlich selbst daran schuld, dass es zu diesem Seitensprung gekommen ist. Eine hübsche Frau lässt man eben nicht allein in einer so großen Stadt, wo alle möglichen Erotikabenteuer auf sie lauern; selbst im Park.