Wir sind beide so erschöpft, daß wir uns sofort ins Bett verkriechen und einschlafen, die Arme umeinander gelegt. Normalerweise stellt man sich ja die zweite Nacht mit einem Menschen, in den man total verknallt ist, etwas anders vor als so; aber das vertraute Miteinander hat so viel für sich, daß es nicht im geringsten enttäuschend ist.
Mitten in meinen Tiefschlaf hinein dringt das unangenehme Schrillen des Telefons. Dann höre ich David erst leise fluchen und sich dann ziemlich schlaftrunken melden. Mein Herz hämmert wie verrückt; ein Anruf um diese Zeit kann eigentlich nur bedeuten, daß etwas passiert ist. Dann sagt David: „Sag ‚mal, Birte, spinnst du? Weißt du, wieviel Uhr es ist?“ Ich kann ein entnervtes Stöhnen nicht völlig unterdrücken. Birte ist zwar nicht Davids Freundin, für die ich sie zuerst gehalten habe; beziehungsweise sie ist nicht seine Lebensgefährtin, sondern nur eine gute Freundin. Allerdings eine recht anspruchsvolle, und sie zeigt ein bemerkenswertes Talent, mit ihren Anrufen immer so dazwischenzuplatzen, daß der höchste Störfaktor erreicht wird. Bloß den Zeitpunkt letzte Nacht, als wir miteinander geschlafen haben, den hat sie verpaßt. Ich vermute jedoch, auch eine solche Situation wird sie irgendwann einmal erwischen.
David murmelt etwas, das wie „okay“ klingt und knallt den Hörer auf. „Mußt du zu ihr?“ frage ich mitfühlend. Mißtrauisch sieht David mich an. Nun, nach allem, was er schon innerhalb dieser kurzen Zeit unserer Beziehung an Eifersuchtsausbrüchen von mir erlebt hat, ist es kein Wunder, daß er an Ruhe nicht glaubt. Die ich aber tatsächlich spüre. Angenehm ist es natürlich kaum, mitten in der Nacht aus dem Schlaf geholt zu werden; aber eifersüchtig auf Birte bin ich – momentan … – wirklich nicht. Und Davids mehr als ungewöhnliche Hilfsbereitschaft beeindruckt mich.
„Sie sagt, es ist heute Nacht ganz besonders schlimm, und sie hält es nicht aus alleine,“ erklärt David. Ich springe aus dem Bett. „In Ordnung, ich fahre dich hin.“ Davids ungläubiger Gesichtsausdruck bringt mich zum Lachen. „Keine Angst, David, ich meine das ernst. Du bist mindestens genauso erledigt wie ich, und einfach wird es bestimmt nicht, mit ihr zu reden. Dann kann ich dir wenigstens die Fahrerei abnehmen.“