29. August 2007

Fetisch Roman – Kapitel 11 – Telefon – Die unglaubliche Logik der Frauen – Sichtweise David

Ich mag Antje gar nicht mehr loslassen. Inzwischen bin ich allerdings so k.o., daß mein Schwengel nicht einmal mehr ein müdes Zucken von sich gibt. Ihr scheint es ähnlich zu gehen, und so fallen wir einfach todmüde ins Bett.

Es wird Zeit, daß wir beide endlich wieder einmal eine Nacht durchschlafen.

Diese wird es jedenfalls nicht sein, stelle ich irgendwann fest, als mich das Telefon aus meinen Träumen holt. Zuerst denke ich, es ist etwas passiert. Aber es ist nur Birte. Etwas passiert ist bei ihr allerdings auch, bloß sagt sie nicht, was; besteht darauf, mich zu sehen, und jammert mir vor, daß sie es alleine keine Sekunde mehr aushält. Nun, so lange, bis ich bei ihr angekommen bin, wird sie auf jeden Fall noch Geduld haben müssen. Und das wird erheblich länger dauern als eine Sekunde.

Manchmal könnte ich die Frau schlichtweg umbringen. Und mich selbst ohrfeigen, daß sie mich immer wieder rumkriegt. Bloß, ich habe ihr halt versprochen, ihr durch diese schwere Zeit zu helfen. Wenn’s mir nachts um halb vier dreckig geht, bin ich auch froh, wenn sich jemand um mich kümmert.

Mußt du zu ihr?“ will Antje wissen. Sie klingt ziemlich schlaftrunken und so süß, daß ich sie ganz fest an mich drücken möchte. Sie ist jedoch bestimmt tierisch sauer, daß ich sie wieder einmal für Birte im Stich lassen muß, und ich kann es ihr nicht einmal verdenken. Vorsichtig versuche ich, ihr beizubringen, daß ich tatsächlich los muß.

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Sie steht auf. „In Ordnung, ich fahre dich hin.“ Was? Das gibt’s ja wohl nicht! Hat sie nicht mitgekriegt, daß ich zu Birte muß? Eigentlich müßte sie doch jetzt fuchsteufelswild werden. Ich fasse es nicht!

Wahrscheinlich blicke ich drein wie ein Mondkalb im Technologiepark; sie will sich ausschütten vor Lachen. „Keine Angst, David, ich meine das ernst,“ erklärt sie. „Du bist mindestens genauso erledigt wie ich, und einfach wird es bestimmt nicht, mit ihr zu reden. Dann kann ich dir wenigstens die Fahrerei abnehmen.“

Anscheinend steckt Antje voller Überraschung. Ich bin richtiggehend gerührt, und momentan würde es mir nicht einmal etwas ausmachen, wenn sie es mitbekäme.

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Als sie vor Birtes Haus rückwärts einpackt, bin ich kurz davor, eine Bemerkung zu machen. So von wegen, daß ihr Auto doch kein Panzer ist. Sie nähert sich der Parklücke, als wollte die sie beißen, und versperrt am Schluß mindestens anderthalb Plätze. Und steht garantiert wenigstens einen halben Meter vom Bordstein entfernt. Aber ich verkneife mir mühelos den bösen Kommentar und spüre zu meiner eigenen höchsten Verwunderung, daß mir ganz komisch zumute ist und ich beinahe heulen könnte. Ich mag nicht aussteigen. Nicht eine Stunde, nicht einmal eine Minute will ich von ihr weg.

Je eher du gehst, desto eher bist du auch wieder zurück,“ drängt sie jetzt. Ich überlege kurz und frage dann: „Antje, kommst du mit nach oben?“ Was Birte davon hält, ist mir völlig egal. Sie braucht jemanden, hat sie gesagt, ganz dringend. Um so besser, wenn sie dann Gesellschaft gleich von zwei Leuten kriegt. Frauen untereinander verstehen sich ohnehin viel besser. Und daß es mit Birte und mir nichts wird, habe ich ihr ja bereits erklärt und ihr auch gesagt, daß ich voll in Antje verknallt bin. Sie wird sich einfach damit abfinden müssen, daß in Zukunft bei mir Antje vorgeht. Und wenn sie mich trotzdem unbedingt sehen will, gibt’s das eben nur im Doppelpack; Schluß, aus, basta!

Antje zögert. Klar – ganz wohl ist ihr sicherlich nicht bei dem Gedanken, Birte zu treffen, von der sie ja bisher nur weiß, daß sie immer in den unpassendsten Momenten per Telefon nervt.

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Aber sie kommt mit. Bevor ich läute, umarme ich sie noch einmal. Nachher muß ich ihr auch unbedingt sagen, wie dankbar ich ihr bin.

Birte tut wie immer leicht erstaunt über mein Auftauchen. Sicher, ich war halt zufällig in der Gegend und habe beschlossen, kurz bei ihr vorbeizuschauen! Und es ist ja auch völlig normal, daß man nachts, nee, morgens um vier Leute besucht, oder?

Davon, daß es Birte schlecht geht, ist nicht das geringste zu sehen. So ist es fast jedesmal – sie ruft an, ich mache mir Sorgen, eile zu ihr; und sie tut dann, als sei nichts gewesen und ich nur ein vielleicht lieber, eigentlich aber überflüssiger Besuch. Jedesmal ärgere ich mich maßlos über diese fiese Tour. Und jedesmal falle ich wieder drauf rein, wenn sie sich das nächste Mal meldet.

Antjes Anwesenheit nimmt sie wie selbstverständlich zur Kenntnis, was mich immerhin beruhigt. Daß sie sie permanent „Anke“ nennt, stört mich allerdings. So dämlich kann man gar nicht sein, daß man den Namen Antje nicht behalten kann.

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Im Wohnzimmer auf dem Tisch stehen Sekt und zwei Gläser. Das einzige Zeichen bisher, daß Birte mich erwartet hat. Es schüttelt mich. Prickelwasser ist an sich schon schlimm genug; um diese Zeit dreht mir allein schon der Gedanke daran den Magen um. Auch Antje lehnt ab.

Ich will mich zu Antje setzen, doch Birte packt mich und zieht mich neben sich. „David, ich brauche dich jetzt einfach neben mir,“ flötet sie dabei. „Anke hat dich ja die ganze Zeit.“ „Antje,“ verbessere ich sie zum dritten Mal. „Und jetzt erzähle, was ist denn los?“ Ich will es so schnell wie möglich hinter mich bringen.

Sie schmeißt mir den Kopf auf die Schulter. Ihre Haare kitzeln mich in der Nase. Schnell mache ich mich ganz steif.

Also, ihr Ex-Freund, der sie vor einiger Zeit Knall auf Fall verlassen hat, will sie wiedersehen, berichtet sie. Warum, weiß sie nicht. Hat sie ihn auch nicht gefragt. Aber sehen will sie ihn auf jeden Fall. Ob das das richtige ist, will sie von mir wissen.

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Und zu diesem ganzen Gefühlssalat soll ich jetzt eine intelligente Anmerkung machen? Was soll man denn dazu noch sagen? Sie will ihn sehen, also wird sie ihn sehen. Fertig. Wenn’s schief läuft – und gut gehen kann es eigentlich nicht, wenn es stimmt, was sie mir über ihn erzählt hat -, werde ich das schon erfahren.

Sie bohrt und bohrt. Was um Himmels willen erwartet sie von mir? Daß ich sie dazu beglückwünsche, daß dieses Arschloch sie wieder mit seiner Anwesenheit beehrt? Wo er sie doch so hat leiden lassen, daß sie völlig am Boden zerstört ist … Der einzig vernünftige Rat, den ich ihr geben kann, ist der, ihn nicht zu sehen. Aber das will sie nicht hören.

Ich bin genervt. Sehr genervt. Unglaublich barbarisch genervt.

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Sag mal, Birte, können wir das nicht alles morgen diskutieren?“ sage ich schließlich, als sie keine Ruhe gibt.

Du mußt mir einfach helfen,“ piepst sie mit Augenaufschlag. „Und morgen ist es zu spät; er kommt ja schon zum Frühstück.

Das ist zu viel. „Verdammt, Birte, du hast dich doch schon entschieden!“ brülle ich. „Wofür holst du mich denn aus dem Bett? Dafür, daß ich dir bestätige, was du hören willst? Das kann ich nicht, und das werde ich nicht! Ich finde es falsch, daß du ihn wiedersiehst. Aber du willst es unbedingt – also, dann mach es. Bloß, verschone mich damit, und übernimm endlich auch einmal die Verantwortung für das, was du tust, und versuch nicht dauernd, sie mir zuzuschieben!

Ich bin aufgestanden, und auch Antje erhebt sich. Birte macht auf verwundetes kleines Pelztier. „David, was habe ich dir denn getan? Sei doch nicht so sauer – ich brauche deine Hilfe!“

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Und dann zeigt sie ihre Krallen. „Findest du nicht auch, Anke, daß David manchmal schrecklich ungerecht und ein richtiger kleiner Choleriker ist?“ ergänzt sie zu Antje hin. Ich bin sprachlos. So eine verdammte blöde egozentrische dämliche Kuh!

Nein, das finde ich ganz und gar nicht,“ faucht Antje, und ich könnte sie küssen dafür; und nicht nur dafür. „Und im übrigen heiße ich Antje.

Und jetzt bloß weg hier, so schnell wie möglich!

Momentan würde ich das Feld sogar ohne jeden Skrupel einem bösen Drachen überlassen, gegen den Birtes Ex ein kleines Mäuschen wäre. Hoffentlich kommen die beiden wieder zusammen, damit sie mich endlich in Ruhe läßt!

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